Jede Krise hat auch ihre schöne Seite
Dieter Nuhr begeistert im Circus Krone als beschwingter Pointen-Philosoph
Den schönsten Gag aus dem letzten ARD-„Satiregipfel“ hat Dieter Nuhr im Circus Krone nicht gebracht. Dass jetzt Niki Laudas Leben verfilmt wurde, Gott sei Dank aber nicht von Til Schweiger. Sonst würde der Film nicht „Rush“ heißen, sondern „Einohrraser“.
Seine schwarzhumorigen Nummern, auch den Ekel eines Mischwäldchens in den Achseln gestresster Mütter, lässt Nuhr gerne wuchern. In seinem neuen Programm „Nuhr ein Traum“ dreht er aber insgesamt den Kabarett-Spieß um, möchte nicht aufregen, sich nicht empören, sondern einfach mal, therapeutisch wertvoll fürs Publikum, sich einen ganzen Abend lang im positiven Denken üben.
Dass ist schon merkwürdig, wenn man zwei Tage zuvor sah, wie Zweiohrwüterich Urban Priol im Circus Krone drei Stunden auf Politik und Wirtschaft los ging, und nun Nuhr erlebt, der das Unzufrieden-Sein, die Angst vor der Wirtschafts- und Klimakrise, vor Elektro-Smog und den Tod originell auf die Schippe nimmt. Man sollte das Leben gelassen sehen. „Wir haben Schulden - das stimmt. Aber das Schöne ist doch, dass wir die nicht zurückzahlen müssen.“ Dafür habe man ja Nachwuchs gezeugt, der ab und zu besoffen nach Hause kommt. „Kein Wunder - bei den Schulden.“
Der 52-Jährige aus Wesel kommt zu schönen Kreisschlüssen, ist variabel in den Humorformen, weiß, Kunstpausen zu setzen und wie man Running Gags etabliert, um Struktur in den Abend zu bringen. Etwa mit einem Satz, den er zwei Jungs abgelauscht hat: „Ist deine Mutter schwul oder was?“ Immerhin, meint Nuhr, die Jugend hat noch Fragen. Wenn der Turnschuhträger sich erregt, im ruhigen Fluss der Worte, dann über Reglementierungswut oder militante Vegetarier.
Der Kabarettist als querdenkender Entwarner und lebensbejahender Philosoph, das ist erleichternd heiter. Die möglichen Handlungsfäden eines Pornos webt Nuhr zu einem absurd komischen Knäuel und vereint die Motive seines Monologs zu einem finalen Crescendo. Ein traumhaft gutes Programm.
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