Immergrüne Schweizer
Es könnte ein wirklich ruhiger Abend sein, gäbe es im Parkett nicht immer wieder spontane Beifallskundgebungen, Ausbrüche von Heiterkeit und Ausrufe des Erstaunens. Die Künstler selbst bezeichnen sich mit hoch verdientem Selbstbewusstsein als „Virtuosen der Stille“. Von der Bühne gibt es nichts, aber auch gar nichts zu hören, doch umso mehr zu sehen.
„Mummenschanz“, ein längst traditionelles Markenprodukt aus der Schweiz, das aus seiner unverwechselbaren Gleichzeitigkeit von Artistik, Figurenspiel und Schwarzem Theater global und immergrün begeistert. Die erste Show ging 1972 in Paris über die Bühne. Die Best-Of-Tournee zum 40. Geburtstag gastiert soeben in München und wird im Deutschem Theater bejubelt.
Vom Gründungsensemble ist nur noch die Italo-Amerikanerin Floriana Frassetto dabei. Raffaela Mattioli, Philipp Egli und Pietro Montadon komplettieren die Truppe, die ein paar gute alte Bekannte mitgebracht hat: den freundlichen gelben Schlauch etwa, natürlich den verliebten Stecker und seine ekstatische Steckdose, die sinnlichen Toilettenpapiermasken, dann das fliegende Laken, das sich zu überraschenden Gesichtern knautscht, die hier sehr flexiblen geometrischen Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck oder die gigantischen Hände, die den Vorhang wie immer virtuos öffnen und den Zuschauern in der ersten Reihe zum Fürchten zärtlich über den Kopf streicheln.
Bei aller Monstrosität bleibt der menschliche Körper das Maß aller Dinge, die sich in diesem fantastischen Paralleluniversum tummeln. Es ist ein kunstvolles und präzises Spiel mit Licht und Dunkel, dessen radikaler Minimalismus diesem Mummenschanz auch über die Jahrzehnte eine Aura des Innovativen erhalten hat.
Deutsches Theater in Fröttmaning, bis Samstag um 19.30 Uhr, Samstag zusätzlich 15 Uhr, Karten 19 bis 44 Euro zzgl. Gebühr unter 55 23 44 44
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