Interview

Horst Janson über "Bis zum Horizont, dann links": Die Rebellion der Alten

Horst Janson spielt in Bernd Böhlichs Stück "Bis zum Horizont, dann links" in der Komödie im Bayerischen Hof.
von  Mathias Hejny
Horst Janson und Marianne Rogée spielen zwei gelangweilte Heimbewohner, denen der Kragen platzt.
Horst Janson und Marianne Rogée spielen zwei gelangweilte Heimbewohner, denen der Kragen platzt. © Alvise Predieri

München - Wenn der schlanke Mann mit leicht verschmitztem Lächeln zum Interviewtermin auf die Probebühne der Komödie im Bayerischen Hof schlendert, ist es nicht zu glauben, dass er Jahrgang 1935 sein soll. Horst Janson ist über 60 Jahre gelebte deutsche Film- und Fernsehgeschichte einschließlich der "Sesamstraße" und geht immer wieder gerne auch auf die Bühne.

Heute hat er im Bayerischen Hof Premiere mit "Bis zum Horizont, dann links" nach der gleichnamigen Kinokomödie von Bernd Böhlich. Er spielt Josef Tiedgen, den Anführer einer Seniorenrebellion, bei der ein historisches Flugzeug entführt wird und die aus dem trostlosen Altersheim im Havelland ans heitere Mittelmeer führt.

Horst Janson über Dieter Wedel: "Ich war auf seiner Seite"

AZ: Herr Janson, vor zwei Wochen starb Dieter Wedel, der nicht nur berühmt, sondern während seiner letzten Lebensjahre wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe ins Zwielicht geraten ist. Sie spielten 2016 in seiner Inszenierung "Hexenjagd" von Arthur Miller bei den Festspielen in Bad Hersfeld. Wie erinnern Sie sich an ihn?
HORST JANSON: Ich kann mich nicht beklagen. Er ist einer der besten Regisseure, die es ihn Deutschland gab. Ich war mit Wedels Regiearbeit hoch zufrieden. Privat haben wir uns nur wenige Male getroffen. Ich bin geschockt, dass ihn diese Geschichte so rausgerissen hat und er in der Versenkung verschwand. Ich war auf seiner Seite, denn ich konnte mir nicht vorstellen, was ihm da vorgeworfen wurde. Es ist sehr schade.

Ihr letzter Auftritt in der Komödie im Bayerischen Hof liegt fünf Jahre zurück. Damals spielten Sie in "Kerle im Herbst" zusammen mit Ihrer Tochter Sarah Jane Janson. Haben Sie häufiger Gelegenheit, gemeinsam aufzutreten?
Im Augenblick leider nicht. Meine Tochter lebt mittlerweile in Wien und ich habe jetzt zwei Enkelkinder - das wurde ja auch Zeit. Das eine ist nicht ganz zwei Jahre alt und die Kleine ist noch nicht einmal ein Jahr. Im Moment wird die Mama zu Hause gebraucht. Aber sie hat vor, wieder zu spielen.

In dem Stück, in dem Sie jetzt spielen, kommt eine Schauspielerin, die Fanny, vor. Sie soll, um die Flugzeugentführung gefährlicher wirken zu lassen, eine arabische Terroristin spielen und fragt, wie sie die Rolle anlegen soll. Die Antwort: "Hintergründig". Sie spielen den Josef Tiedgen, der hoch betagt sein Comingout als Flugzeugentführer erlebt. Wie legen Sie ihn an?
Er ist eigentlich ein ganz normaler Typ und saß so lange im Altenheim, bis ihm der Kragen geplatzt ist. Viel mehr gibt es über ihn kaum zu sagen. Es gibt nicht einmal eine Liebesgeschichte.

Es knistert, aber dabei bleibt es

Was ist mit Frau Simon, der Mutter eines UN-Diplomaten, die die Neue im Heim ist?
Da knistert es ein bisschen, kommt aber nicht zum Ausbruch.

Betrachtet man Ihre Vita, dann waren die 1970er-Jahre ihre ganz wilde Zeit. Abgesehen von Ihrem TV-Durchbruch als "der Bastian" 1973 bewegen Sie sich im Kino zwischen den Polen internationaler Film mit Produktionen wie "Zwei Kerle aus Granit" mit Tony Curtis und Charles Bronson und deutschem Heimatfilm wie "Frühling auf Immenhof" mit Heidi Brühl. Können Sie ein wenig schwärmen von dieser Zeit?
Ich habe ja alles gemacht und war immer nach allen Seiten offen. Ob ich zugesagt oder abgelehnt habe, hing von der Rolle ab. Bei internationalen Angeboten habe ich natürlich nicht lange überlegt und zugesagt. Da sind auch ein paar schöne Sachen dabei herausgekommen. Zum Besipiel "Murphy's War" mit Peter O'Toole. Das war eine der Hauptrollen.

Anders als bei vielen Ihrer deutschsprachigen Kollegen mussten Sie nicht immer nur die Nazis spielen.
Nein, es gab nur eine Rolle in Uniform, das war eben der U-Bootkommandant in "Murphy's War". Ich habe auch in London Fernsehen gemacht. Es ging um eine Frau aus Yorkshire, die zum ersten Mal Urlaub auf dem Kontinent macht. Sie verliebt sich in den Sohn des Hoteliers. Wir drehten das am Wössener See. Es war ein 90-minütiger Film, der am Wochenende lief und in dieser Woche die höchste Einschaltquote in England hatte. Danach riefen Produzenten und Regisseure an, die wissen wollten, wer dieser Junge war. Ich war über Nacht weltweit gefragt.

Janson übers Älterwerden: "Es blieb immer so, dass ich mich nicht beklagen konnte"

In "Bis zum Horizont, dann links" geht es um die Folgen des Alters. Mit 87 Jahren haben sie damit Erfahrung. Wie gehen Sie mit dem Alter um?
Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Als ich 80 wurde, dachte ich mir, jetzt geht es bergab. Aber es blieb immer so, dass ich mich nicht beklagen konnte und auch keine Ärzte brauchte. Vielleicht liegt es an den Genen, die ich mitbekommen habe, oder an meinem Lebensstil. Ich war nicht immer nur brav und bin auch mal über die Stränge geschlagen, aber ich glaube, dass ich, so im Großen und Ganzen, Vieles richtig gemacht habe.

Es gibt gut erhaltene 70-Jährige, die behaupten, 70 sei das neue 50. Könnte 90 das neue 70 sein?
Das glaube ich nicht. Aber es ist schon so, dass die Leute heutzutage älter werden. Ich hatte auch viel Ruhe in meinem Leben, denn ich habe vor über 40 Jahren meine Frau Hella kennengelernt und bin seitdem auch nicht mehr so um die Häuser gezogen wie früher in München im Alten Simpl und anderswo gang und gäbe war.


Komödie im Bayerischen Hof, Premiere Mittwoch, 19.30 Uhr, danach bis 28. August, 19.30 Uhr, sonntags 18 Uhr, Tel. 089/29161633

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