Heiko Dietz und der Wasserschaden
Wegen eines Wasserschadens musste das ‚theater … und so fort’ schließen. Jetzt inszeniert Heiko Dietz „Eigengrau“ im Club Milla und sucht nach einer neuen Bleibe
Er wirkt angeschlagen, ist aber dennoch guten Mutes. Sein ‚theater … und so fort’ an der Kurfürstenstraße musste er im Sommer wegen eines Wasser- und Asbest-Schadens schließen. Trotzdem wird weiter gespielt: Die Produktion „Eigengrau“ der britischen Autorin Penelope Skinner hat in der Milla im Glockenbachviertel Unterschlupf gefunden. Regie führt Heiko Dietz selbst, Premiere ist einen Tag vor Weihnachten. Und vielleicht kommen danach noch ein paar Geschenke: etwa eine neue Bleibe für den Intendanten und sein Theater.
AZ: Herr Dietz, wie ist der Stand der Dinge?
HEIKO DIETZ: Leider schlecht. Wir haben einen Mietvertrag, der bis Ende März geht und danach bis Ende des Jahres verlängert werden sollte, mit der Aussicht auf einen langjährigen Mietvertrag. Die erste Verlängerung hatte ich auf dem Tisch und auch zurückgeschickt, aber nicht mehr wieder bekommen. Das heißt: Wir müssen Ende März raus.
Seit dem Sommer können Sie nicht mehr in Ihr Theater. Was ist genau passiert?
Im Juli sollte der Hofbelag saniert werden. Der ist gleichzeitig die Decke des Theaters. Die Sanierung war notwendig und durchaus in unserem Interesse, weil es gerade in den Toiletten immer wieder feucht wurde. Ein Statiker meinte dann, zur Verstärkung der Decke müsse ein neuer Stahlträger eingezogen werden. Deshalb wurde die Decke geöffnet. Ein Architekt hatte ein Regendach über den gesamten Hof vorgeschlagen, aber das wurde aus Kostengründen von der Vermieterin abgelehnt. Und die Bauarbeiter, die das Loch buddelten und die Teerschicht und den Beton entfernten, legten nur eine Folie in die Grube, womit sie alles andere als gut abgedeckt war.
Dann kam der Regen.
Genau. In dieser Phase regnete es tagelang. Zunächst tropfte es bei uns im Theater, am Ende waren es Sturzbäche. Zum Wasserschaden kam noch ein Asbestschaden. Die Verschalung der Stahlträger sog sich mit Wasser voll, durch das Gewicht ist alles runtergekommen. Zudem schimmelt das Holz. Diese Schäden werden derzeit behoben.
Wer ist für das alles haftbar?
Das entscheiden die Anwälte. Wir können nichts dafür. Wenn man unsere Miete für zehn Jahre genommen hätte, wären die Kosten zur Behebung der Schäden wieder drin gewesen, denke ich, aber das will die Vermieterin offenbar nicht.
Das Kulturreferat hat Ihnen eine Notfallhilfe angeboten.
Ja, aber wenn der Mietvertrag nicht weiter läuft, ist diese Hilfe vorerst hinfällig geworden.
Das Theater am Sozialamt an der Occamstraße wurde letzten Herbst wegen Bauarbeiten im angrenzenden Grundstück beschädigt. Die freien Theater sind allein schon hinsichtlich Ihrer Räume wenig geschützt. Was könnte man da ändern?
Das Problem ist, dass wir uns grundsätzlich in Privatbesitz einmieten. Den Vermietern kann man nicht vorschreiben, was sie mit ihrem Eigentum machen. Grundsätzlich wäre es gut, wenn die Stadt Immobilien erwerben würde, die zum Beispiel Theatern zur Verfügung gestellt werden.
Wie gut lief es mit Ihrem Theater vor dem Wasserschaden?
Wir gehören zu denen, die selten bis gar nicht jammern. Ich war zufrieden mit der Auslastung, wir haben uns im Viertel etabliert. Besser geht es natürlich immer, aber wir machen nicht gerade Mainstreamproduktionen, sondern probieren gerne Neues aus. Klar, die Zauberer einmal im Monat und das Kasperltheater für Kinder waren immer ausverkauft. Wenn ich aber unsere letzte Theaterproduktion „Dark Energy Baby“ vom Frühjahr, dann lief die insgesamt auch sehr gut.
Wie werden Sie gefördert?
Wir bekommen 60 000 Euro im Jahr von der Stadt. 2018 ist das dritte Jahr der Dreijahresförderung. Und wir haben die Hoffnung, dass im nächsten Jahr ein bisschen mehr fließt, weil das Theater Blaue Maus wegen eines Besitzerwechsels zunächst mal aus der Förderung raus ist. Die neuen Betreiber müssen zwei Jahre warten, bis sie eine Spielstätten-Förderung beantragen können. Das bisherige Fördergeld von 55 000 Euro für die Blaue Maus wird an andere Theater umverteilt.
Sie spielen jetzt zwei Mal „Eigengrau“ im Milla. Um was geht es in dem Stück?
Es geht um vier Londoner, die sich aufgrund diverser Fügungen über den Weg laufen und miteinander auskommen müssen. Eine schräge schwarze Komödie, Penelope Skinner hat das toll geschrieben.
Was bedeutet Eigengrau?
Eigengrau ist das, was der Mensch bei völliger Dunkelheit noch sieht. Kein Schwarz, sondern ein Dunkelgrauton. Das Auge bringt noch Sehleistung, obwohl es stockfinster ist.
Wie kam es dazu, dass Sie in der Milla spielen können?
Till Hofmann hat von sich aus angeboten, dass wir dort zweimal spielen können. Was ich sehr toll finde. Jetzt können wir in der Milla die Premiere und eine Folgeaufführung spielen. Das war ja schon im August angesetzt. In der Szene ist die Bereitschaft beeindruckend groß, uns zu helfen.
Was machen Sie mit den anderen geplanten Produktionen?
Für zwei andere Produktionen kann ich ins Heppel & Ettlich. Im März spiele ich unter der Regie von Ulrike Dostal mit Petra Wintersteller „Glück“ von Eric Assous. Und im April und Mai spielen wir dort unsere Hausproduktion „Gottes Last“. Wie bei „Dark Energy Baby“ schreibe ich das Stück selbst. Es handelt vom Missbrauch in der Kirche und wie die Gesellschaft damit umgeht.
Kann der Betrieb Ihrer hauseigenen Schauspielschule weiterlaufen?
Ab Januar kommen wir in den Räumen der Internationalen Schule für Schauspiel und Acting unter. Ich bin aber auf der Suche nach anderen Räumlichkeiten und dabei recht zuversichtlich.
Was machen Sie da?
Wir planen eine Plakat-Aktion in der Stadt. Wir suchen auf jeden Fall einen festen Standort in München, wo wir die nächsten Jahre auch bleiben können. Vielleicht geht es über Plakate leichter, dass jemand sagt, hoppla, ich habe eine Immobile frei, die eh leer steht. Es macht doch auch Spaß, ein Theater bei sich zu haben.
Dieser kulturfreundliche Immobilienbesitzer bekommt einen goldenen Sitz in der ersten Reihe.
Der bekommt nicht nur einen goldenen Sitz, der kriegt eine ganze Reihe. Klar, wir sind begrenzt in unseren Mitteln. Andererseits stehen manche Immobilien lange leer. Wieso die nicht nutzen? Wir sind ja keine Remmidemmi-Halle, sondern machen die Tür zu und gut ist. Zudem ist es doch schön, ein Theater zu unterstützen, denke ich. So ein Theater ist etwas, das ein Viertel belebt.
Apropos Eigengrau: Etwas Helles im Dunkeln findet sich doch immer.
Ja, hoffen wir’s!
„Eigengrau“ im Milla, Holzstr. 28, 23. und 30. Dezember, 20 Uhr, Eintritt 19 Euro, Benefiz-Ticket 25 Euro, Tickets unter www.undsofort.de Wer einen Bühnenraum für das ‚theater … und so fort’ hat, der melde sich bitte bei Heiko Dietz, info@undsofort.de oder % 0176- 70 25 62 43.
- Themen:
- Till Hofmann