Heiko Dietz über den Neustart

Heiko Dietz eröffnet sein Theater Undsofort mit der Uraufführung von „Schmalspur-Gigolos“ von Frank Piotraschke
von  Mathias Hejny
Julian Brodacz (links), Heiko Dietz, Benjamin Hirt und Konrad Adams sind die „Schmalpur-Gigolos“.
Julian Brodacz (links), Heiko Dietz, Benjamin Hirt und Konrad Adams sind die „Schmalpur-Gigolos“. © Lisa Fertner

Neustarts hat die Truppe inzwischen geübt, denn nach Wasserschaden und Asbestverseuchung im vorigen Domizil vagabundierte das Theater Undsofort einige Jahre gastweise durch das Stadtgebiet und fand im vergangenen Sommer eine neue Bleibe in der Hinterbärenbadstraße. Dann legte das Corona-Virus den Betrieb gleich wieder lahm. Heute geht es wieder los mit boulevardeskem Witz: In der Inszenierung von Petra Wintersteller steht die Uraufführung der „Schmalspur-Gigolos“ von Frank Piotraschke auf dem Programm. Die AZ sprach mit Mitspieler und Theaterleiter Heiko Dietz.

AZ: Herr Dietz, es scheint fast, als hätten wir das Schlimmste der Corona-Krise hinter uns. Werden Sie mit einem blauen Auge davon kommen?
HEIKO DIETZ: Das wissen wir noch nicht. Erst einmal dürfen wir wegen der Abstandsregelung nur 35 Personen einlassen. Mit der Premiere habe ich kein Problem – die wird voll. Ob die Leute aber auch danach freudig mit Mundschutz ins Theater laufen werden, ist noch abzuwarten. Mit den 35 Zuschauern bekommen wir unsere Fixkosten zusammen, aber es gibt keine Chance, die Verluste der letzten drei Monate wieder einzuspielen.

Hat sich Ihr Publikum an den neuen Ort in Sendling schon gewöhnt?
Wir hatten gleich zu Beginn einen guten Zulauf und auch vom Viertel hier. Es kommen sogar sehr viele von hier, denn sie sind kulturell ein wenig verhungert. Wir erleben eine rege Anteilnahme direkt aus der Nachbarschaft. Das hatten wir vorher in der Kurfürstenstraße nicht. Dort haben wir zehn Jahre gespielt, ohne dass jemand aus dem Haus zu uns kam. Und unsere alte Klientel haben wir mitgenommen.

Sie riefen zu Spenden auf. War das hilfreich?
Das war sehr hilfreich. Es gibt zwar die gesetzliche Regelung, dass wir die Miete bis Juni nicht zahlen müssen und sie bis Juni 2022 gestundet ist, aber dann werden wir das Geld auch nicht haben. Die Corona-Soforthilfe deckte nur einen Teil ab. Die Spenden helfen jetzt über die Saure-Gurken-Zeit im Sommer. Wir spielen das neue Stück bis 18. Juli und dann ist der Ofen schon wieder aus.

Der Freistaat vergab auch eine Soforthilfe für Solokünstler.
Ich bekomme die Soforthilfe für die Betriebsstätte. Das freut meinen Vermieter. Ich selbst habe davon nichts, denn die Künstlerhilfe kann ich nicht mehr beantragen, weil sie wegen der Hilfe für die Betriebsstätte ausgeschlossen ist. Ich habe 6000 Euro nicht verdient, denn ich hätte in dieser Zeit Vorstellungen in Augsburg und Lesungen gehabt, die alle nicht verschoben, sondern ausgefallen sind.

Kennen Sie jemanden, der schon etwas von der Soforthilfe erhalten hat?
Ich kenne einige, die den Antrag gestellt haben. Aber in dem Ensemble, das gerade mit mir probt, hat noch niemand etwas bekommen. Lange Zeit ging es immer nur um die ganz großen Dinge und die freie Szene kam überhaupt nicht vor. Am Anfang der Corona-Soforthilfe wurde dann von den Amateurschauspielern gesprochen. Ich fragte mich, wen die damit meinen. Meinen die wirklich die Gruppe aus Hinterwieselharing, die Bauernschwänke aufführt?

Sie beginnen den Neustart mit einer Uraufführung. Worum geht es da?
Es geht zunächst um zwei Herren, die von Geldsorgen geplagt werden. Der eine kommt auf die Idee, den anderen auf den Strich zu schicken, ihn also zu einem Callboy zu machen. Es kommt ein echter Callboy dazu, der berät, wie die Sache richtig läuft. Aus dieser Konstellation entwickelt sich natürlich ein großes Problem. Das ist eine lupenreine Komödie mit hohem Unterhaltungswert. Das Thema ist, wie Frauen mit den Callboys umgehen, aber natürlich bleibt dabei die Frage im Blick, wie Männer mit Frauen umgehen. Wie ist das, wenn man sich plötzlich jemanden kaufen kann? Es gibt trotzdem auch eine nette Liebesgeschichte.

Das klingt nach körperlicher Nähe. Wie lösen Sie diese Herausforderung?
Es gibt einige Szenen, zu denen Körperkontakt gehört, aber wir haben das sehr charmant gelöst. Vielleicht trägt die Art, wie wir das gemacht haben, zusätzlich zum Humoristischen bei.

Wie geht es in der kommenden Spielzeit weiter?
Wir starten im September mit „Three O’Clock“ von Ana-Maria Bamberger, einem Gastspiel der Weilheimer Festspiele mit Yvonne Brosch. Im Oktober kommt „Gretes Traum“, in dem es, grob formuliert, um Erlösung geht und das ich schreibe. Im Winter spiele ich dann zusammen mit Petra Wintersteller in ihrem neuen Stück.
    
Theater Undsofort, Hinterbärenbadstr. 2/Pavillon, bis 4. Juli, Tickets zu 19 Euro (ermäßigt 14 Euro) online unter www.undsofort.de
 

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