"Falsche Schlange" im Blutenburgtheater: Kriminelle Volten!
München - Unterschiedlicher können zwei Schwestern kaum sein. Miriam Chester ist das arme Hascherl, arg verunsichert und völlig verhuscht. Bis zu dessen Tod hat sie sich aufopferungsvoll um den notorisch bösartigen Vater gekümmert. Nun ist die große Schwester Annabel Chester, die schon als Teenager das Elternhaus floh, zum ersten Mal zurück aus Australien.
Uwe Kosubek inszeniert die Ayckbourn-Vorlage mit fast boshaft präziser Psychologie
Sie ist ein burschikoses Business-Girl mit klaren Vorstellungen davon, was zu tun und was zu lassen ist. Aber das Theaterstück "Falsche Schlange" wäre kein Werk von Alan Ayckbourn, bliebe es bei diesen übersichtlichen Verhältnissen.
Schon die Frage, wer hier das titelgebende Reptil ist, lässt sich bis zu den letzten Minuten nicht eindeutig klären, zumal zum Personal noch eine dritte Frau gehört. Die Krankenschwester Alice Moody, die den alten Mister Chester gepflegt hat, erpresst Miriam. Sie verlangt 100.000 Pfund, sonst will sie der Polizei erzählen, dass Miriam die Mörderin ihres Vaters ist. Das ist die Ausgangslage eines vielschichtigen und finsteren Psychothrillers, den Uwe Kosubek sehr atmosphärereich und mit fast boshaft präziser Psychologie inszeniert hat.
Maschendrahtzaun symbolisiert die lebenslange Gefangenschaft der Chester-Schwestern
Schauplatz ist der idyllische Garten am Hause der Chesters, der an den Tennisplatz grenzt und bei Annabel traumatische Kindheitserlebnisse weckt. Kosubek, der das Bühnenbild mit Peter Schultze entwarf, findet für die lebenslange Gefangenschaft der Chester-Schwestern in ihren engen Existenzen ein einfaches wie unmissverständliches Bild: Der hohe Maschendrahtzaun des Tennisplatzes zieht sich entlang der Bühnenrampe und trennt die Figuren von den Zuschauern im Blutenburgtheater.
Nach Erpressung, Mordgeständnis und einem weiteren Mordversuch nimmt der Krimi mit kleinen Ausflügen in gruselige Nischen des Schauerromans einen immer wieder neu überraschenden Verlauf, der mit dem Adjektiv "schlimmstmöglich" nur unzureichend beschrieben ist.
Gabriele Fischer (Annabel), Adela Florow (Miriam) und Petra Wintersteller (Alice) sind ein traumhaft teuflisches Damentrio, das sich ganz allmählich und scheinbar unspektakulär aus den ganz normalen Gemeinheiten zwischen Leuten, die sich besser nicht begegnet wären, heraus und in die wahnsinnsnahen bis tödlichen Abgründe der menschlichen Seele bewegt.
Blutenburgtheater, Blutenburgstraße 35, bis 28. Mai immer dienstags bis samstags 20 Uhr, sonntags 18 Uhr, Telefon: 1234 300