Die furiose Show "Mi Carmen Flamenca"

Antonio Andrades Gastspiel der Produktion  überzeugt im Deutschen Theater
Vesna Mlakar |
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Nein, beim sonst immer tragischen Schlussbild will Showproduzent und Gitarrist Antonio Andrade es nicht belassen. 2013 hat er in seiner Funktion als künstlerischer Leiter die vor 17 Jahren für die Deutsche Oper Berlin von Manolo Marín choreographierte Produktion „Mi Carmen Flamenca“ komplett überarbeitet. Als sich der Vorhang nach Don Josés Mord an der treulosen Geliebten für das Verbeugungsfinale erneut öffnet, schiebt er George Bizets wohlbekannte „Carmen“-Ouvertüre für eine inszenierte Applausdraufgabe nach.


Wie im Zeitraffer lodern markante emotionale Momente noch einmal auf und sein andalusisches Tanztheaterstück endet genau dort, wo Frankreichs global bekannte Oper ansetzt. Wie der Ausklang dieser Zugabe ganz nah an der Rampe, sind auch die zwei Stunden zuvor eine regelrechte Tanzfiesta.


Im Mittelpunkt: der Flamenco in seiner traditionsreichen und heute weltmusikoffenen Form. Wenige Versatzstücke (Stoffhänger, Bänke, Säcke) und eine situationsstimmige Lichtgebung reichen, um die Schauplätze (Tabakfabrik, Taverne, offenes Gelände, Festplatz) der 1835 von Prosper Mérimée erdachten Handlung anzudeuten. Dann ertönen Glocken und Sirenen: Pausensignal für die Fabrikarbeiterinnen und Auftakt zu einer ersten Serie schwungvoller Bulerías. Auffallend im Musikerquintett ist Vicente Dominguez’ Querflöte (zu Carmens Tod spielt er Saxofon). Sie harmoniert gut mit den aus dem Off eingespielten Bizet-Originalpassagen und -bearbeitungen im Stil des Flamenco Nuevo.


Andrades 17-köpfige Compañía Flamenca weiß mit ihrem musikalischen Cross-Over-Mix und gefühlsbetonten Tanznummern – auch die Rüschenschleppe, Schultertücher und Stöcke kommen zum Einsatz – das Publikum richtig anzupacken. Den Beginn dominieren feurige Eleganz und die sinnliche Präsenz verschiedener Frauentemperamente.
Später kommen verschiedentlich aggressive Paargefechte hinzu. Dabei verzichtet das Ensemble auf allzu viel Schauspielerei. Die aufs Wesentliche reduzierte Story der zwischen Don José (anfangs militärisch zugeknöpft: Mitchoreograf José Galvañ) und dem stolzen Torero Escamillo (Juan Polvillo) hin- und hergerissenen Carmen passiert eigentlich so nebenbei. Mehr als Liebe zu den Männern treibt die Hauptrolleninterpretin Úrsula Moreno nämlich inbrünstige Lust am typisch in den Boden gestampften oder sich in zackigen Kurven durch den Raum schlängelnden spanischen Tanz um.


Jeder Blick, lachend oder schmerzverzerrt, sitzt. Wenige Schwünge mit der Hüfte oder beredtes Klappern mit den Kastagnetten genügen, und Carmen (nie den Kontakt mit den Zuschauern vergessend) hat die Oberhand. Tiefkehlig angefeuert von Rocío Alcalá (Vokalsolo) bzw. José Luis García „Cheito“ (Gesang/Percussion) reißen ihre mal aufreizenden, mal ausgelassenen Bewegungen beide unterschiedlichen Partner mit. Richtig in ihre dramatische Geschichte hineingezogen wird man zwar nicht. Dennoch: Der leidenschaftliche Furor der Künstler steckt an.   

Noch bis 20.6., jeweils 20 Uhr, Deutsches Theater. Karten  21 83 73 00

 

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