Die ewige Soubrette
Sie hat echten Teamgeist. „Warum ausgerechnet ich?“, fragte Marika Oszvald vor dem „Interjú“, wie es – ausnahmsweise mal verständlich – auf Ungarisch heißt. Um uns kurz danach via E-Mail zu bitten, die Kollegen unbedingt noch vor ihr zu erwähnen. Irgendwie rührend, vor allem, wenn man bedenkt, dass die kleine blonde Soubrette seit Urzeiten zu den Stars des Budapester Operettentheaters gehört und viele ihrer Fans den 25. Dezember rot im Kalender anstreichen. Da kommt sie auch in diesem Jahr wieder in die Philharmonie – heuer zum 30. Mal – mit Zsuzsa Kalocsai, Barbara Bordás, Gergely Boncsér... Und jetzt stoppen wir vorsichtshalber, weil das Interjú sonst keinen Platz mehr hat.
AZ: Frau Oszvald, Sie beginnen den Tag doch sicher mit einem Spagat?
MARIKA OSZVALD: Das ist doch gar nicht nötig, ich schlafe schon so…
Jaj, mamám! Dann haben Sie eh das Marika-Rökk-Gen, so als echte Budapesterin.
Selbstverständlich! Ich verehre und liebe sie sehr. Ihr Talent, ihr Fleiß und ihre Einstellungen waren atemberaubend. Die Produktionen sind heute noch überwältigend.
Was hat Sie eigentlich zur Operette gebracht?
Ich komme aus einer Schauspielerfamilie. Mein Vater war Opernsänger, meine Mutter Soubrette. Und sicher habe ich diese künstlerische Ader geerbt. Übrigens mag ich auch das Musical und mache gerne mal einen Seitensprung, aber mit meiner Persönlichkeit liege ich in der Operette absolut richtig.
Was singen Sie denn am liebsten?
In der Operette muss man singen, tanzen und schauspielern können! Mir gefallen die Rollen am besten, wo alles zur Geltung kommt. Nein, ich habe kein ausgesprochenes Lieblingslied, ich kann alles lieb gewinnen und das dann von Herzen weitergeben. Anders funktioniert es nicht.
Das Ensemble vom Budapester Operettentheater wirkt immer wie eine große Familie, die dauernd Party feiert. Die Realität sieht wahrscheinlich anders aus?
Klar arbeiten wir viel. Unser Ensemble ist zwar riesig, aber trotzdem eine echte Gemeinschaft. Das begeistert mich immer wieder. Und zum Feiern finden wir Ungarn sowieso immer einen Grund, dafür sind wir doch bekannt.
Sie sind viel unterwegs. Hat man da überhaupt ein Privatleben, eine Familie?
Ja, und ich versuche, immer mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Ich brauche einfach ein harmonisches, ausgeglichenes Privatleben, um auf der Bühne gut zu sein.
Nicht nur für Künstler ist es in Ungarn gerade schwierig. Bietet die Operette da eine heile Welt, in die man abtauchen kann?
Sicher, vieles ist nicht leichter geworden. Und wenn wir ein bisschen nachdenken, merken wir, dass sich die Welt auch nicht ändert. Alles wiederholt sich. Immer gibt es Kämpfe um Macht. Die Politik kann ich nicht außer Acht lassen, aber ich kann und will mich nicht einmischen. Ich bin nicht der Typ Mensch, der die Welt retten will. Also konzentriere ich mich auf den Bereich, in dem ich mich gut auskenne. Ich bin empfänglich für den Zauber. Auch die Operette ist ein großer Zauber. Ein Märchen für Erwachsene, in das man eintauchen soll!
Sie kommen seit vielen Jahren nach München. Sind Sie heimisch geworden?
Aber ja! München ist mein zweites Zuhause. Seit 30 Jahren kommen wir hier her, und trotzdem ist es immer etwas Besonderes. Wir versuchen ja auch, jedes Jahr etwas anderes zu machen. Und das Publikum liebt uns. Ich kann es jedenfalls immer kaum erwarten, am 24. Dezember nach München aufzubrechen. Deshalb habe ich mein Leben so eingerichtet, dass wir Weihnachten zu Hause einen Tag früher feiern.
Hand aufs Herz, gehen Ihnen die ewigen Paprika-Mädels, Husaren und Muzikams nicht zwischendurch mal auf den Keks?
Gar nicht. In der Welt der Operette ist zwar vieles nur „Schein“ – wie im Schaufenster. Was in Ungarn gar nicht so aufgefasst wird. Aber Leute, die in den Zauber der Operette nicht eintauchen können, werden diese Gattung nie verstehen!
Budapester Operettengala, 25. bis 28. Dezember 2013, Philharmonie, Karten 36 bis 66 Euro, Tel. 93 60 93 und 54 81 81 81
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