Die "Dreigroschenoper" von Bert Brecht und Kurt Weill, aber tiefer gelegt

Die Salzburger Festspiele zeigen ab heute Brechts „Dreigroschenoper“ in der Felsenreitschule – mit einer aufgemöbelten Fassung der Songs von Kurt Weill
Robert Braunmüller |
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Um 1950 herum sollte Bertolt Brecht für die Festspiele einen neuen „Jedermann“ schreiben. Daraus wurde nichts. Aber der Stückeschreiber erhielt dafür die österreichische Staatsbürgerschaft, die er auch beibehielt, als er sich in der DDR niederließ. Später wurde er in dem Alpenland als Kommunist boykottiert. Bis heute tauchen seine Stücke bei den Festspielen selten auf. Der Interims-Intendant Sven-Eric Bechtolf macht eine Ausnahme: Er inszeniert gemeinsam mit dem „Jedermann“-Regisseur Julian Crouch die „Dreigroschenoper“ – vorsichtshalber unter dem Titel „Mackie Messer“. Martin Lowe hat die Musik von Kurt Weill dafür neu arrangiert.

AZ: Mr. Lowe, die Musik von Kurt Weill ist doch perfekt. Warum muss man daran herumdoktern?

MARTIN LOWE: Das ist eine Frage des Hintergrunds. Ich komme vom Musical und nicht von der Oper. Puccinis „Madame Butterfly“ oder Verdis „La traviata“ erklingt überall auf der Welt in der gleichen Instrumentierung – jede Note gilt da als unantastbar. Wenn dagegen ein älteres Musical von John Kander oder Stephen Sondheim wiedergespielt wird, ist es üblich, das die Musik neu zu orchestrieren.

Und warum ist das so?

Um die Musik an die aktuelle Besetzung oder einem bestimmten Raum anzupassen. Nicht, weil sie unvollkommen ist, sondern um das Stück frisch zu halten. Unser „Mackie Messer“ ist eine Fassung für das Hier und Jetzt des Sommers 2015. Auch aus diesem Grund sprechen die Festspiele von einer „einmaligen Experimentalfassung“.

Wohl auch, um die schwierigen Erben zu beruhigen. Aber ist Brecht und Weills „Dreigroschenoper“ überhaupt ein Musical?

Ganz sicher ist sie keine Oper. Das steht fest. Denn dafür wird zuviel gesprochen. Von ihrer Form her ähnelt die „Dreigroschenoper“ daher eher einem Musical. Sie ist ein Theaterstück mit Musik.

Warum ist die „Dreigroschenoper“ eigentlich so berühmt geworden?

Ganz einfach: Weil die Melodien von Kurt Weill so gut sind. Dafür hatte er einfach ein Ohr. Und diese Melodien sind harmonisch sehr raffiniert.

Wo haben Sie die „Dreigroschenoper“ zum ersten Mal gesehen?

Mitte der 1980er Jahre im Londoner National Theatre in einer Inszenierung von Peter Wood. Ich habe die Aufführung sehr oft gesehen, weil viele Freunde und Bekannte von mir mitgespielt haben.

Weill schrieb die „Dreigroschenoper“ für neun Musiker, die 22 Instrumente spielen. Wie viele sind es bei Ihnen?

Bei mir spielen 19 Musiker. Bei den Instrumenten habe ich irgendwann zu zählen aufgehört. Den Kern bilden aber die Instrumente, die auch Weill verwendet hat. Ich habe versucht, den Charakter jeder Nummer zu schärfen. Außerdem habe ich manche Nummern für tiefere Stimmen transponiert und an die Besetzung angepasst. Und wir spielen alle Nummern.

Wird die Aufführung in der Felsenreitschule verstärkt?

Immer häufiger und in besonderen Spielstätten werden auch Opernvorstellungen dezent verstärkt, nur meistens merkt es das Publikum nicht, weil das diskret behandelt wird. Die Felsenreitschule ist sehr groß. Und wir nutzen die gesamte Breite dieses riesigen Raums. Das geht es bei einem Orchester mit 19 Musikern nicht ohne Mikrofone. Außerdem spielen diverse elektronische Instrumente mit, die ohnehin Lautsprecher benötigen.

Die Salzburger Produktion wird von gleich zwei Regisseuren inszeniert. Ist da nicht Krach vorprogrammiert?

Nicht während meiner Anwesenheit. Die Stimmung ist gut!

Premiere heute, 19 Uhr in der Felsenreitschule. Restkarten für die Vorstellungen am 23., 25. und 27. August unter www.salzburgfestival.at

 

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