Der ehemalige Intendant Klaus Schultz ist tot

Ein Vordenker des modernen Musiktheaters: Klaus Schultz, lange Jahre Intendant am Gärtnerplatz, ist überraschen verstorben
Robert Braunmüller |
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Ein Vordenker des modernen Musiktheaters: Klaus Schultz, lange Jahre Intendant am Gärtnerplatz, ist überraschen verstorben

Im Februar wurde er zum Ehrenmitglied des Staatstheaters am Gärtnerplatz ernannt. Ende März las Klaus Schultz noch im Gasteig aus den „Letzten Tagen der Menschheit“ von Karl Kraus. Am Samstag ist der ehemalige Intendant und Chefdramaturg unerwartet in München verstorben, wie seine Familie mitteilte. Er wurde 66 Jahre alt.

Schultz war gelernter Bibliothekar. Seine Theaterkarriere begann er als Dramaturg an der Frankfurter Oper. Von 1977 bis 1982 arbeitete er unter August Everding als Chefdramaturg und Pressesprecher für die Bayerische Staatsoper. Er war einer der ersten Operndramaturgen modernen Typs. Die damals entstandenen Programmhefte sind bis heute legendär und gelten als Sammlerstücke. Für den Schauspieler Heinz Rühmann entwickelte er die Matinée „Rund um die Oper“: Das war der Beginn der Öffnung des Nationaltheaters zu einem kommunikativen Raum, wie wir es heute kennen.

Auftritt bei Loriot

Nach Everdings Abschied von der Staatsoper wechselte Schultz ab 1984 als Generalintendant nach Aachen. 1992 ging er in gleicher Funktion ans Nationaltheater Mannheim, ehe er 1996 als Intendant des des Staatstheaters am Gärtnerplatz nach München zurückkehrte. Schultz hatte Pech mit freien Operetten-Bearbeitungen und viel Glück mit modernen Werken: Aus seiner Ära an Münchens zweitem Opernhaus bleiben vor allem die Aufführungen von Dieter Schnebels „Majakowskis Tod“ (2005) und Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ (2007) im Gedächtnis haften. Arvet Terterians „Das Beben“ (2003) entwickelte sich geradezu zu einem Kultstück.

Sein Abschied vom Gärtnerplatz gestaltete sich im Jahr 2007 eher schmerzlich, als Kunstminister Thomas Goppel gegen den Wunsch des Intendanten den Vertrag nicht mehr verlängerte und stattdessen den glücklösen Ulrich Peters berief.

Scharfer Analytiker

Von 2002 bis 2008 unterstützte Schultz als Freier Mitarbeiter ehrenamtlich Wolfgang Wagner und die Leitung der Bayreuther Festspiele. 1988 spielte er in Loriots Filmkomödie „Ödipussi“ die Rolle des Herrn Weber, und er gewann den großen Humoristen seinerseits als Erzähler für Leonard Bernsteins Musical „Candide“ am Gärtnerplatz.

In seinen frühen Jahren hat Schultz die musikalischen Schriften von Theodor W. Adorno mitherausgegeben - einen besseres Beweis für seine feinsinnige Kennerschaft und umfassende Bildung kann es kaum geben. Oder, um es in den Worten des gegenwärtigen Intendanten Josef E. Köpplinger zu sagen: „Ein scharfer Analytiker, ein kluger Mann, der viele Talente entdeckt, gefördert und geleitet hat.“

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