Interview

Ben Becker über "Todesduell"

Der Schauspieler über seinen Auftritt mit einer Predigt von John Donne im Prinzregententheater
von  Maximilan Nave
Im Zentrum von Ben Beckers Theaterprojekt "Todesduell" steht eine Predigt aus dem 17. Jahrhundert.
Im Zentrum von Ben Beckers Theaterprojekt "Todesduell" steht eine Predigt aus dem 17. Jahrhundert. © Faceland.com

Ben Beckers Inszenierung basiert auf der legendären Predigt des metaphysischen Dichters John Donne aus dem Jahr 1631 - gehalten im Beisein von König Charles I. in St. Paul's in London - und thematisiert eindrucksvoll den Kampf gegen die Vorurteile über den Tod und verändert den Blick aufs Leben. In dem Theaterprojekt steht Ben Becker erstmalig mit seiner Tochter auf der Bühne. Die 24-jährige Lilith Maria Dörte Becker verkörpert in dem Stück den geheimnisvollen Engel.

AZ: Herr Becker, wie sind Sie auf den etwas entlegenen Stoff "Todesduell" gekommen?
BEN BECKER: Das Ganze begann mit einer Anfrage des Oberspielleiters aus Salzburg, als ich die Rolle des Todes im "Jedermann" übernommen habe. Er fragte mich, ob ich die Theatersaison mit diesem Text eröffnen wolle. Diesen Text nochmals zur Aufführung zu bringen, hat mich nie ganz losgelassen. Als der Berliner Dom auf mich zukam und fragte, ob ich nach "Ich, Judas" noch einmal etwas inszenieren wolle, fiel mir sofort "Todesduell" ein. Außerdem inspirierte mich Brodskys große Elegie an den Verfasser John Donne, und so begann ich, ein abendfüllendes Programm um diese Texte zu gestalten. Jetzt sitze ich seit drei Monaten in intensiver Vorbereitung daran.

Der Schauspieler Ben Becker steht bei einem Pressetermin der Premieren-Tournee "Todesduell" im Berliner Dom.
Der Schauspieler Ben Becker steht bei einem Pressetermin der Premieren-Tournee "Todesduell" im Berliner Dom. © picture alliance/dpa

Haben Sie jemals eine Predigt gehört, die Sie besonders berührt hat?
Es gibt Menschen, die das Predigen wirklich beherrschen. Wenn ich im Fernsehen Predigten sehe, denke ich mir manchmal: "Mein Gott, wäre ich ein guter Prediger geworden." Da ich gelegentlich - wenn auch nicht regelmäßig - in die Kirche gehe, habe ich durchaus beeindruckende Messen erlebt. Auch durch meine Arbeit mit biblischen Texten, wurde ich damit konfrontiert und hat mich dazu veranlasst, mir Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen.

Ein Biograf von John Donne beschreibt ihn bei seiner letzten Predigt als "verfallenen Körper mit einer hohlen Stimme". Greifen Sie diesen körperlichen Verfall auf?
Nein, mein Ziel ist es, in erster Linie dem Text gerecht zu werden. Natürlich wird es Momente geben, in denen die Assoziation entsteht, dass ich John Donne bin, aber es geht nicht darum, ihn historisch zu verkörpern oder seinen körperlichen Verfall darzustellen. "Todesduell"ist eine dialektische Auseinandersetzung mit der Schönheit der Schöpfung. Mein Ziel ist es, diese Schönheit zu vermitteln. Wohin gehen wir, woher kommen wir und wie gehen wir miteinander um? Zusammen mit dem zweiten Teil des Abends, der "Großen Elegie an John Donne" von Joseph Brodsky, kann man sich in diese wunderschöne Literatur außerhalb der dramaturgischen Regeln fallen lassen und in diese bildliche, fast schon traumartige Welt eintauchen. Daraus ergibt sich eine wunderbare Reise.

Ben Becker.
Ben Becker. © picture alliance/dpa

Was zeichnet die Predigten zur Zeit von John Donne aus?
Sie denken wahrscheinlich gerade sehr religiös. Als John Donne predigte, kamen die Menschen in Scharen, oft zu Tausenden. Es war jedoch nicht nur im Sinne einer klassischen Predigt, wie wir sie heute kennen. Es ging unter anderem auch um das Vermitteln neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und um das, was auf der Welt geschah. Seine Predigten waren auch ein Ort des Austauschs.

Ben Becker steht bei einem Pressetermin der Premieren-Tournee "Todesduell" im Berliner Dom.
Ben Becker steht bei einem Pressetermin der Premieren-Tournee "Todesduell" im Berliner Dom. © picture alliance/dpa

Letztes Jahr haben Sie bereits mit einem religiösen Thema in "Ich, Judas" gearbeitet. Wie unterscheidet sich Ihre Herangehensweise an spirituelle Stoffe im Vergleich zu "normalen" Rollen?
Meine Herangehensweise bleibt grundsätzlich dieselbe. Es geht immer darum, den Kern des Textes zu erfassen. Wenn der Text mich nicht interessiert, gibt es keinen Grund, weiter daran zu arbeiten. Man muss die Beweggründe der handelnden Figuren verstehen - das gilt für eine Shakespeare-Figur genauso wie für eine biblische.

Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit an einem sakralen Ort wie dem Berliner Dom von Ihrer Arbeit im Theater? Wie beeinflusst der Raum Ihre Performance?
Ich habe mir in meinem Arbeitszimmer ein Modell des Berliner Doms gebaut, um den Raum besser zu verstehen. Der Unterschied zur Arbeit im Theater ist durchaus spannend, aber am Ende versuche ich, dem Text einfach nur gerecht zu werden. Dem Theater Raum in der Kirche zu ermöglichen, empfinde ich, als spannenden Vorgang.

Der Stoff handelt auch von dem Vergänglichen, was bedeutet für Sie Beständigkeit?
In diesem Stoff steckt die Dialektik des Lebens, die Dialektik der Schöpfung und die Idee, dass man auch bereit sein muss loszulassen. Es geht nicht um unseren Egoismus, sondern um das Gefühl, dass wir alle miteinander verbunden sind - wie in dem berühmten Gedicht "No man is an island". Das macht den Text so aktuell, gerade in seiner Frage, wie wir mit der Welt, in der wir leben, umgehen.

Prinzregententheater, 4. Dezember, 20 Uhr

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