Bayern aus Mürbteig
Es ist hoffnungslos, etwas verstehen zu wollen. Was die oströmische Kaiserin Theodora mit einem niederbayerischen Lokalpolitiker und Butternudeln an Adornos Mittagstisch zu tun oder gar zu bedeuten haben, bleibt das Geheimnis von Stefan Kastner.
Der Münchner Autor und Regisseur hat sein neues Stück "Germania 1 - Dinkelhofen" im Schwere Reiter uraufgeführt. Vergnüglich ist der schräge Nonsens jedenfalls. Kaiserin Theodora (Inge Rassaerts) sucht von Konstantinopel bis Frankfurt (alle Städte sehen im Video aus wie München) nach ihrem geraubten Erstgeborenen Daniel Cohn-Bendit (Philipp Brammmer) und geht gewohnheitsmässig ihrem Zweitsohn Rainer Langhans (Uli Zentner) ans "Schwanzerl". Der träumt von einem "autonomen Sexualleben".
Michaela May will als herrlich gscherter Dorfbürgermeister mit Autobahnzubringern aus Mürbteig Dinkelhofen zum Weltkulturerbe machen. Leider verstopft das Mehl die Gullys und löst eine Überschwemmung Bayerns aus. Da muss der von Göttin Dea (Susanne Schroeder) geraubte und zum Held erkorene Cohn-Bendit als Retter ran, während eine liebesgeile Anästhesistin (Sarah-Lavinia Schmidbauer) ihren Bürgermeister-Mann auf dem Rollbrett aus der Misere zieht. Cohn-Bendit frisst sich als Frankfurter WG-Freak mit drogensüchtiger Freundin (glänzend: Isabel Kott) bei Adorno (Kastner, ganz professoral) durch und wandelt sich zum Grossbürger, dessen Gattin (Schroeder) Hausmusik macht mit dem Blockflöten-und Piano-Virtuosen Dominik Wilgenbus.
Dazwischen marschiert öfters der Müttergesangsverein München mit "Wir winden dir den Jungfernkranz" und dem geköpften Haupt einer Tanzlehrerin durch. Keine Ahnung, was das alles soll - man kann es nur total blöd oder total verrückt finden.
Schwere Reiter, Dachauer Strasse 114, bis Sonntag 20.30 Uhr, Tel. 0152/ 05 43 56 09
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- Michaela May