Barock reist nach Arabien

„Dido und Aeneas“ im Cuvilliés-Theater: Das Ensemble Così facciamo erweitert die Sicht auf das Stück und lässt Henry Purcells Werk neu leuchten
Adrian Prechtel |
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Das wärmende Rotbraun des geziegelten Tonnengewölbes erinnert an römische Thermen. Aber die hohen Probenräume in Haidhausen waren ehemalige Bierkeller des Unionsbräu in der Einsteinstraße.

Wenn hier unten jetzt eine arabische Kniegeige und die Oud-Laute zur Schellentrommel ein schwebend-orientalisches Klanggefühl erzeugen, so glaubt man sich erst einmal nicht in einer Probe von Henry Purcells „Dido & Aeneas“. Denn der englische Hofkomponist des 17. Jahrhunderts interessierte sich nicht für die Klänge aus dem Land der karthagischen Königin Dido. Diese mythische Königin ließ sich gegen ihre innere Stimme auf den trojanischen Flüchtlings-Prinzen ein. Aber Aeneas – Vergil beschreibt das in seinem kaiserlichen Heldenepos – verlässt sie wieder, um seinen historischen Auftrag zu erfüllen, die Gründung Roms vorzubereiten. Verraten und entehrt bringt Dido sich um.

Hans Huyssen ist der musikalische Leiter dieser Produktion des Münchner Ensembles Così facciamo. Mit lautem falsettiertem Mit-Singsummen und seinem Cello ersetzt er heute für diese Probe das ganze Barockorchester. Huyssen hatte die Idee, in Purcells Barockmusik die belebenden arabischen Musikelemente einzuschieben – als Hommage an die „interkulturelle Begegnung“. Ein moderner Begriff für das, was der Brite Nahum Tate als Librettist für Purcell aus Vergil „Aeneis“ genommen hat: die schicksalshafte Verstrickung zwischen Dido und Aeneas.

Heike Hanefeld hat die Haare streng zum Pferdeschwanz gebunden und wirkt nur auf den ersten Blick streng, redet sie, wirkt sie sofort warmherzig. Sie hat das Libretto genau gelesen und das Aufeinandertreffen des Prinzen mit der Königin zu einem Treffen zwischen dem europäischen Troja-Mythos und der nordafrikanischen Kultur gestaltet. „In Form von Gastfreundschaft und Integrationsbereitschaft – und zwar von der afrikanischer Seite!“ – wie wieder Huyssen erklärt.

Dido ist in der Inszenierung eine verletzliche, auch melancholische Frau, die sich zur Annäherung an Aeneas vom Hof drängen lässt. Daher gibt es eine Schattentänzerin Didos und die Gegenfigur der Zauberin: Beide verkörpern die verschiedenen Persönlichkeitsaspekte Didos, sind Zeichen ihrer inneren Zerrissenheit.

Schwarze orientalische Kaftan-Kostüme mit goldenen, archaischen Mustern, dann weiß-antike Mäntel geben der Inszenierung eine kulturell klar angedeutete, aber letztlich moderne Atmosphäre. Wenn ab übermorgen im Rokoko-Rahmen des Cuvilliés-Theaters „Dido & Aeneas“ auf der Bühne erscheinen, werden alle Elemente zu einer bewegenden Einheit.

„Dido & Aeneas – in Africa“ von Henry Purcell, Do, 7. März, und Sa, So, 9. und 10. März, 20 Uhr, 18-80 Euro, www.cosifacciamo.de

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