"Auf ein Neues": Komödie im Bayerischen Hof
München - In der guten Stube glitzert der festlich geschmückte Nadelbaum, aber die Restfamilie aus Mutter und Tochter ist, wie nicht nur zur Weihnachtszeit, auf Krawall gebürstet. Streitanlass ist dieses Mal ein Bettler.
Catherine, durchsetzungsstarke Chefin im Büro wie zu Hause, hatte einen Bettler, der im Treppenhaus campierte, rausgeworfen.
Für die 15-jährige Sarah ist das ein weiterer Beweis für Mutters Gefühlskälte. Wütend zerrt Catherine den Obdachlosen wieder zurück zum gemeinsamen Abendessen mit Bescherung, um sich am renitenten Töchterchen für ihr pubertäres Gutmenschentum zu rächen.
Daraus könnte ein hartes Stück über Armut in europäischen Großstädten werden, aber der Dramatiker Antoine Rault entschied sich in „Auf ein Neues“ für ein sehr französisches Lachtheater, über dem der Geist Molières schwebt. Wie der geizige Harpagon oder der Hypochonder Argan hat sie ihre Mitmenschen fest im Griff, nicht aber ihr eigenes Leben. Kein Sozialdrama also, sondern eine treffsichere Satire auf selbstoptimierte Alphatiere.
Schlagfertige Dialoge und Situationskomik
Der Berliner Regisseur Martin Woelffer hat ein sensibles Händchen sowohl für die schlagfertigen Dialoge als auch für die Situationskomik. Mehrfach heimst sich eine zuweilen wie entfesselt auftrumpfenden Marion Kracht als Catherine den Szenenapplaus des enthusiasmierten Publikums der Komödie im Bayerischen Hof ein. Dabei sind es nicht nur die ganz großen Ausbrüche und die leidenschaftlichen Kräche, die hinreißen.
Um zu zeigen, wie sie ihr Gegenüber wirklich einschätzt, reicht eine kleine Geste. Wenn Sie etwa ihren Gast bittet, sich zu setzen, tätschelt sie herrisch aufs Sofa, als befehle sie einem kleinen Hund „Platz!“
Zu den glücklichen Fügungen dieser Inszeneriung gehört, dass sich die beiden Bühnenpartner nicht von so viel Präsenz an die Wand spielen lassen. Ellen Wink zeigt Sarah nicht nur als Teenie-Klischee, sondern viele Farben zwischen dem Trotz des sich unverstanden fühlenden Kinds und großherzigem Charme.
Daniel Morgenroth gefällt immer wieder mit einem komplexen Gefühlsleben auf dem steinigen Weg vom Loser, der sich in seiner Verwahrlosung eingerichtet hat, in eine Gesellschaft, die Erwartungen an ihn hat. „Auf ein Neues“ ist ein etwas anderes Weihnachtsstück, das der Regieanweisung folgt, die Catherine ihrem Penner gibt, wenn sie ihn für ein Bewerbungsgespräch zu einem Kerl formen will, wie sie selber einer ist: „Entschlossen und doch entspannt“.
Komödie im Bayerischen Hof / bis 7. Januar außer 23. bis 25. Dezember und 1. Januar / 20 Uhr, sonntags 18 Uhr / Tel.: 29 16 16 33.
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