André Heller über seine dritte und letzte Show "Afrika! Afrika!"
„Afrika! Afrika!“ Dieser Aus- und Aufruf lockt uns fünf Tage in die Olympiahalle zur dritten Show von André Heller. Er will, dass wir den Kontinent mit anderen, begeisterten Augen sehen.
Seit Jahren lebt der Wiener Fantasie-Künstler André Heller halbjährig in Afrika. Seine dritte und – wie er betont – letzte Show zu diesem Kontinent ist jetzt in München zu sehen.
AZ: Herr Heller, Millionen haben schon „Afrika! Afrika!“ gesehen. Jetzt gibt es eine dritte Show.
ANDRÉ HELLER: Ja, ich habe meine Tradition gebrochen, mich nicht zu wiederholen. Aber es musste noch eine junge, hochbegabte Generation zum Zug kommen. Mit einem neuen Programm. Es ist ein poetisches, surreales, rauschhaftes Kaleidoskop für die vielfältigen Möglichkeiten des Theaters und nicht für den Zirkus.
Dabei kann man aber einem ganzen Kontinent nicht gerecht werden.
Das habe ich auch gar nicht versucht. „Afrika! Afrika!“ ist ja kein Volkshochschulkurs oder akademischer Ethnologenkongress. Es sind fantastische Splitter aus den Myriaden von Aspekten dieses faszinierenden Kontinents – alles aus dem Sektor der Akrobatik, des Singens, des Tanzens, des Musizierens oder der Exzentrik.
Was meinen Sie mit „Exzentrik“?
Exzentrik spielt eine bedeutende Rolle in der Alltagskultur Afrikas: Man vertreibt Dämonen, durchlebt Trancezustände. Alle Darbietungen und Rituale geschehen aber im Alltag, am Dorfplatz, wo Mannwerdung, Geburtstag, Hochzeit oder Tod gefeiert wird. Wir haben ja gerade alle einen beeindruckenden Aspekt im Fernsehen erlebt: Die schöne Antwort auf den Tod Mandelas waren tagelang überbordende Tänze und Gesänge als Ausdruck tiefer Emotionen.
Das ist uns Europäern ja eher fremd.
Ja, leider. Ich empfinde die Energie und Kreativität in Afrika wuchernder als auf jedem anderen Kontinent. Wie die Menschen ohne Förderungen und Schutz ihr Leben zu meistern versuchen, verdient jeden Respekt. Sie wagen Großartiges, und inmitten vieler Verzweiflungen gibt es auch unermüdliche Bemühungen von Millionen von Menschen, ein würdiges Leben zu führen. Dass Afrika auch ein Kontinent der Korruption, bitterer Not und der Kriege ist... Natürlich! Aber denken wir mal an die sozialen Verwerfungen in Europa, an das ehemalige Jugoslawien und die dortigen Massaker, an die Situation der Roma und Sinti in Osteuropa und jetzt die Ukraine und vieles mehr! Wir sollten subtiler sein in unseren Urteilen.
Es gibt im Münchner Völkerkundemuseum gerade eine Ausstellung über die Südsee – „From Samoa with Love“. Da wird auch beleuchtet, wie Exotik in Europa ausgestellt wurde, auch mit dem kolonialen Blick. Wie vermeidet „Afrika! Afrika!“ das?
Das ist bei unserer Show eine völlig absurde Idee. Sie würden das ja auch nie jemanden fragen, der ein exzellentes bayerisches Schuhplattler- und Jodler-Ensemble nach Japan oder ein Kabuki Theater nach Paris bringt. Und wenn die Netrebko russische Volkslieder singt, sagt man ja auch nicht: Diese Frau wird ausgestellt! Aber im Falle Afrikas kommen Unwissenden die dümmsten Assoziationen.
Das liegt vielleicht ja auch an den täglichen Abendnachrichten aus Afrika.
Ja, aber die berichten fast nur Katastrophen. Dieser Kontinent hat die vielfältigste Schönheit, auch grandiose Ressourcen und innovative Lösungsansätze, einzigartige Kreative.
Sie geben Afrika ein Forum, sich als fantastischer Kontinent zu zeigen.
„Afrika! Afrika!“ ist ein Arbeitsplatz und strahlende Plattform für 80 berührende Meisterwesen, die sich mit dem Verdienten zu Hause eine Existenz aufbauen und anschließend auch häufig an den Cirque du Soleil oder bei anderen wichtigen Produktionen engagiert werden. Jeder erhält eine Perspektive, die ihm zumindest ein Lampedusa-Schicksal erspart.
Wie haben Sie Ihre Künstler auf dem großen Kontinent gefunden?
Mein Hauptverbündeter, der bedeutende Choreograf George Momboye, hat Künstler aus 18 afrikanischen Ländern versammelt. Tausende strömten zu den Castings. Wir haben dann monatelang erarbeitet, womit wir die Welt erstaunen wollen. Spannend war auch, die Nachfahren von Sklaven einzubinden und zu zeigen, welche Blüten ihre kulturellen Wurzeln in der amerikanischen oder karibischen Diaspora entwickelt haben.
Ist also alles sehr modern?
Auch. Viele der Künstler stehen mit einem Fuß in den alten Traditionen ihrer Familien und Stämme, und mit dem anderen im Jetzt, dem HipHop, den Moden und anderen Rasereien des Zeitgeistes, die via Internet auch Afrika erreichen.
Wie geht es weiter?
„Afrika! Afrika!“ ist meine letzte Show dieser Art. Wer sie jetzt nicht sieht, hat keine Chance mehr. Lassen Sie sich darauf ein. Für mich persönlich ist es eine allabendliche Kuranstalt, die mir ein frohes Herz schafft.
„Afrika! Afrika!“, bis 11. März, Premiere: Freitag, 7. 3., 20 Uhr. AZ-Leser erhalten 30 Prozent Rabatt. Karten unter: 01806/ 22 99 29 (20 Cent pro Minute aus Festnetz), Kennwort: „AZ-Leser"