"Terra Mediterranea": Die verbindende Kraft der Küche

Der Münchner Autor Daniel Speck hat mit "Terra Mediterranea" eine kulinarische Reise voller Geschichten rund ums Mittelmeer verfasst.
Volker Isfort
Volker Isfort
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Auf der liparischen Insel Salina besuchte Daniel Speck (Mitte) Martina Caruso (rechts), die als jüngste Köchin Italiens einen Michelin-Stern hat.
Auf der liparischen Insel Salina besuchte Daniel Speck (Mitte) Martina Caruso (rechts), die als jüngste Köchin Italiens einen Michelin-Stern hat. © Foto: Giò Martorana

Wer die Romane des Münchner Autors Daniel Speck kennt, der weiß, dass in "Bella Germania", "Piccola Sicilia" und "Jaffa Road" das Essen oft eine große Rolle spielt. Nicht nur, weil der Autor ein leidenschaftlicher Genießer ist, sondern weil sich mit den Geschichten hinter den Gerichten so gut beschreiben lässt, was Menschen verbindet. Und weil man durch das Essen erfährt, wie die Regionen rings um das Mittelmeer miteinander verwoben sind.

Daniel Speck in Bethlehem.
Daniel Speck in Bethlehem. © Foto: Giò Martorana

Quasi als Dessert zu seinen drei großen Romanen über die Auswirkungen von Krieg und Migration im 20. Jahrhundert hat Speck nun das Mittelmeer von seinen drei Kontinenten aus kulinarisch betrachtet. Von den liparischen Inseln über Tunis bis ins Heilige Land präsentieren die drei Starköche Martina Caruso, Jacob Lellouche und Fadi Kattan ihre kulinarischen Traditionen, kunstvoll fotografiert von Giò Martorana, der sonst in Mailand als Modefotograf arbeitet. Dabei erzählt Speck auch, wie er für seine Romane recherchierte und sich dabei beispielsweise von den Familiengeschichten der Carusos und Lellouches inspirieren ließ.

Außergewöhnliche Geschichten: Speck ist ein unermüdlicher Detektiv

Dass "Terra Mediterranea" ein Buch ist, das sich nirgendwo einordnen lässt in den Schubladen des Buchmarktes, ist dem Autor bewusst. Aber Speck ist ein unermüdlicher Detektiv im Suchen und Finden von außergewöhnlichen (Familien-) Geschichten und so folgt man ihm liebend gerne auf dieser Reise, die auf Salina beginnt.

Ein süßer Gruß aus Bethlehem: Qatayef ist das typische Dessert der muslimischen Fastenzeit.
Ein süßer Gruß aus Bethlehem: Qatayef ist das typische Dessert der muslimischen Fastenzeit. © Foto: Giò Martorana

Dort wo "Il Postino", einer von Specks Lieblingsfilmen, gedreht wurde, entdeckte er vor ein paar Jahren durch Mundpropaganda das Restaurant von Martina Caruso. Inzwischen ist sie mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, hat aber wie die beiden anderen auftretenden Köche noch kein Kochbuch herausgebracht. "Ich habe sie alle drei noch in einem Moment erwischt, wo ich sie vorstellen kann. Sie sind nicht in der Bekanntheitsklasse von Yotam Ottolenghi, obwohl sie inhaltlich komplett mithalten können", sagt Speck, der sich sicher ist, das alle drei noch einen größeren Namen bekommen werden.

"Durch Geschichten erzählen, wie eng die Kontinente verbunden sind"

Zentrales Thema des Buches ist neben der Kulinarik das Konzept der "schwebenden" Identität, das gilt auch für Daniel Speck selbst, der einen tunesischen Vater und eine deutsche Mutter hat. Vor 30 Jahren hatte er sich auf die Suche nach seinem Vater in Tunis aufgemacht, kam aber damals zu spät, sein Vater war bereits gestorben.

"Ich habe das Projekt jetzt aber nicht gemacht, um nach meiner Identität zu suchen. Das ist nicht mehr mein Thema. Ich wollte durch Geschichten erzählen, wie eng die Kontinente verbunden sind, dass die Ähnlichkeiten letztlich viel größer sind als die Verschiedenheiten. So hat der jüdische Koch Jacob Lellouche einen muslimischen Assistenten. Er hat mir gesagt, wir kochen zusammen, wir mögen uns, er ist wie mein Sohn. Alles andere interessiert ihn nicht."

Diese gelebte Toleranz außerhalb der verhärteten Politik fand Speck ebenso beim palästinensischen Koch Fadi Kattan, der sein Restaurant in Bethlehem betreibt.

Fotograf Giò Martorana hatte von Anfang an die Idee, die Gerichte eng mit der Landschaft in Verbindung zu setzen, was Speck viele Stunden als mal mehr mal weniger freiwilliger Foto-Assistent bescherte.

"Giò ist ein Genie und Genie und Wahnsinn liegen bekanntlich nah beieinander", sagt Speck und lacht. "Als uns Jacob seinen Fisch-Couscous auf einem Teller brachte, sagte Giò, ich fotografiere doch keine Teller!" Also mussten auf einem nahegelegenen Markt zwei Waagen ausgeliehen werden. Inzwischen hatte der Fotograf entschieden, dass das Foto mit Fisch im Meer geschossen werden müsse. "Wir haben vier Stunden auf das richtige Licht gewartet, das Wasser ging wegen der Ebbe weg, wir mussten alles neu aufbauen und ich per Hand die Wellen für die Lichtreflexe erzeugen", erinnert sich Speck. Der achte von acht Fischen fand schließlich die Gnade des Perfektionisten.

Nach vierstündigem Warten auf das richtige Licht hatte Fotograf Giò Martorana auch das Fisch-Couscous im Mittelmeer in Szene gesetzt.
Nach vierstündigem Warten auf das richtige Licht hatte Fotograf Giò Martorana auch das Fisch-Couscous im Mittelmeer in Szene gesetzt.

 

58 Rezepte von drei Spitzenköchen

In Bethlehem ging es Speck kaum besser. Das Dessert mit Rosenwasser wollte Giò unbedingt auf Rosen fotografieren. Es war aber Februar und Speck fand in den wenigen Blumenläden lediglich Plastikrosen. Doch ein paar Telefonate später gab es die Information, dass es im Westjordanland ein Gewächshaus mit ein paar übriggebliebenen Rosen gebe, die schließlich ein entsandter Motorradfahrer sicher ins Hotel brachte. "Aber das Foto duftet eben", sagt Speck, "die Sinnlichkeit ist sensationell."

Und dieser Sinnlichkeit kann der Leser nun auch Zuhause nachspüren. 58 Rezepte der drei Spitzenköche sind im Buch enthalten, Speck hat schon etliche in München nachgekocht und versichert, dass man dafür kein ausgewiesener Küchenprofi sein muss.


Daniel Speck stellt "Terra Mediterranea" (Fischer Verlag, 272 Seiten, 29.90 Euro) am Donnerstag 17. November um 20.15 Uhr im Hugendubel am Stachus vor (AK: 10 Euro)

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.