Interview

Selbstgemachte Spül- und Putzmittel schonen Natur und Geldbeutel

Reinigungsmittel gibt es in großer Auswahl. Aber braucht man sie wirklich alle? Influencerin Anke Schmidt findet: Nein! Denn: Selbermachen spart Geld und schont vor allem die Umwelt.
Patrizia Burgmayer |
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AZ-Interview mit Anke Schmidt: Die Influencerin aus Köln ist unter dem Namen"Wastelesshero" bekannt
AZ-Interview mit Anke Schmidt: Die Influencerin aus Köln ist unter dem Namen"Wastelesshero" bekannt © Simon Veith

Putzen kann jeder - oder nicht? Anke Schmidt hat vor über zehn Jahren angefangen, sich Fragen zu ihrem Lebensstil zu stellen und dazu, was jeder beitragen kann, damit die Welt auch für nachfolgende Generationen lebenswert bleibt. Seitdem teilt sie als Influencerin "Wastelesshero" ihre Erkenntnisse einer wachsenden Fangemeinde mit. Gerade ist ihr drittes Buch "Schlauer putzen" bei Ulmer erschienen.

AZ: Frau Schmidt, muss man den Menschen wirklich erklären, wie Saubermachen geht?
ANKE SCHMIDT: Manchen vielleicht schon, anderen nicht. Was ich aber selbst bei mir gemerkt habe, ist, wie sehr wir vom Marketing großer Putzmittelhersteller geblendet sind. Ich selbst hatte viel zu viele Putzmittel zu Hause, weil ich einfach den Werbeversprechen geglaubt habe.

Worauf sollte man achten?
Was wir vielleicht wieder neu lernen können, ist, wie wir uns den Alltag leichter machen. Dass wir nicht immer neue Wegwerf-Staubtücher kaufen müssen, dass auch die Haushaltsreinigung Geldspar-Potential hat! Dass wir auch einfach Haushaltshelfer selbst herstellen können. Dass wir durch richtiges Waschen unserer Kleidung, Kleidung langlebiger machen können und mit all diesen Dingen im Alltag die Umwelt ein bisschen schonen können.

Gibt es so etwas wie Kardinalfehler beim Putzen?
Ja. Wir unterschätzen den Einsatz von Putzmittel noch zu oft. Ich habe selbst unterschätzt, welche Stoffe beim Putzen in unsere Lunge oder an unsere Haut gelangen. Die Reinigung mit Handschuhen und Maske kann sehr sinnvoll sein.

Putzen wie bei Oma

Kann man sonst noch etwas falsch machen?
Ja. So sollten Putzmittel beispielsweise nicht zweckentfremdet werden. Spülmaschinen-Tabs sind auf die Reinigung von Geschirr in der Spülmaschine optimiert und sollten daher nicht in die Waschmaschine.

Vor rund zehn Jahren haben Sie Ihren Blog "Wastelesshero", zu deutsch "müllfreier Held" samt Instagramkanal gestartet. Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?
Ich las einen Zeitungsartikel über eine Familie, die alle Plastikgegenstände aus dem eigenen Haus in den Garten geräumt hatte, um zu zeigen, wie viel das ist. Das war mein Aha-Moment. Auf einmal wurde mir selbst klar, wie viel Plastik und wie viel Müll wir tatsächlich in unserem Alltag haben und wie viel davon unnötig ist.

In Ihrem neuen Buch "Schlauer Putzen" stellen Sie Rezepte für selbst gemachte Putz- und Waschmittel vor. Haben Sie eigentlich alles selbst ausprobiert?
Ich habe alles selbst ausprobiert uns nutze es auch zuhause. Ich gebe sogar Kurse, in denen Putz- und Waschmittel hergestellt werden.

Ist auch mal was danebengegangen oder beim Testen durchgefallen?
Das selbst gemachte Waschmittel hat tatsächlich bei der Kinderkleidung und den Stoffwindeln versagt, da nutzen wir ein gekauftes Produkt. Mir sind beim Herstellen der Toiletten-Tabs einmal alle weggesprudelt, weil ich zu viel Wasser zugegeben habe ...

Selbstgemachtes versagt bei Kinderkleidung

Sie haben zwei Kinder und dürften daher mit Flecken aller Art gut vertraut sein. An welchem Fleck sind Sie gescheitert?
Eingetrocknete Haferbreiflecken. Wenn wir den nach dem Frühstück von den T-Shirts oder Schlafsachen nicht direkt abgewaschen, sondern das Kleidungsstück erst zwei bis drei Tage später in die Waschmaschine getan haben, waren immer noch große Reste davon auf der Kleidung. Nach weiteren Waschgängen gingen die dann schon weg. Das Gleiche gilt für Flecken von roter Nudelsoße.

Was ist Ihnen wichtig in Bezug auf Kindersachen?
Bei der Kleidung meiner Kids steht für mich an erster Stelle der funktionale Gedanke. Klar soll die Kleidung auch ordentlich aussehen, aber sie muss keinesfalls jede Minute hundert Prozent rein sein.

Viele kennen Waschmittelwerbung aus dem Fernsehen. Beliebte Argumente dabei sind, das beworbene Produkt entferne "Grauschleier", wasche "weißer als weiß" oder wirke antibakteriell. Wie sehen Sie das?
Waschen ist ein Riesen-Thema, ja! Es gibt ein paar Dinge, die wir wirklich beachten sollten. Einfach auch, damit unsere Wäsche länger hält, denn das schont wieder die Umwelt. Generell sollten wir bei Werbeversprechen erst mal genau schauen, was dahinter steckt. Was natürlich Quatsch ist, ist Wäsche "weißer als weiß" zu waschen. Denn gegen Grauschleier können auch Hausmittel wie das Trocknen der Wäsche in der Sonne helfen.

Grauschleier mit Sonne loswerden

Auch das richtige Sortieren der Wäsche schützt vorm Abfärben. Was wirklich Sinn macht, ist ein gutes Vollwaschmittel oder ein Baukasten-Waschmittel zu nutzen. Baukasten-Waschmittel können je nach Wasserhärter und Verschmutzung genau dosiert werden. Antibakterielles kann je nach Einsatzbereich Sinn machen. Bei medizinischer Kleidung zum Beispiel. Im Haushalt ist es nicht zwingend notwendig.

Wie wichtig ist es, dass frisch gewaschene Wäsche duftet?
Frisch gewaschene Wäsche muss nicht duften. Wir werden von vielen Werbespots und Slogans darauf getrimmt, dass Wäsche wie Blumen oder Bergluft riechen muss. Muss sie nicht. Die Duftstoffe, die Waschmitteln hinzugegeben werden, sind überflüssig. Sie tragen nichts zum Reinigungserfolg bei und sind einfach nur zusätzlich Ressourcen, die transportiert und verbraucht werden.

Duftende Wäsche ist ein Marketing-Trick

Wir nutzen seit mehr als sechs Jahren nur noch Waschmittel ohne Duft und finden es mittlerweile teilweise schon unangenehm, wenn frischgewaschene Kleidung stark nach duftendem Waschmittel riecht. Ich weiß, dass manche meiner Freunde und Freundinnen den Geruch duftender Wäsche mit ihrer Kindheit verbinden - da hat das Marketing dann perfekt geklappt.

Anke Schmidts drittes Buch "Schlauer putzen"
Anke Schmidts drittes Buch "Schlauer putzen" © Ulmer

Außer zu Pflege- und Putzmitteln geben Sie in Ihrem Buch auch grundsätzliche Hinweise, zum Beispiel, dass im Abwasser der Waschmaschine in der Regel Mikroplastik ist - und zwar je mehr, desto mehr Synthetik gewaschen wird. Das ist eigentlich logisch. Allerdings macht sich das nicht jeder bewusst. Wie war das bei Ihnen?
Ich dachte vor zehn Jahren, es würde der Umwelt total helfen, wenn wir unser Zuhause möglichst plastikfrei gestalten. Zuvor habe ich nie darüber nachgedacht, was beispielsweise mit den Fasern passiert, die sich beim Waschen von unserer Kleidung lösen. Ich habe einfach daran geglaubt, dass in der Kläranlage wirklich alles herausgefiltert wird, was nicht ins Wasser gehört.

Umweltschutz fängt bei der Wahl der Kleidung an

Aber so ist das leider nicht. Noch ein Aha-Erlebnis war, als ich festgestellt habe, dass der Großteil meiner Kleidung aus Plastik - also Polyester - besteht, und dass es eigentlich keine plastikfreie Kleidung gibt, denn die Nähte werden immer aus Plastik sein. Ich habe oft auch Dinge bei unseren Wasserwerken nachgefragt und war total überrascht, als diese mir mitteilten, dass selbst ätherische Öle in den Klärwerken nicht komplett abgebaut beziehungsweise herausgefiltert werden können. Kurz, je mehr ich über ein nachhaltiges Leben nachgedacht habe, desto mehr habe ich das, was wir als normal empfinden, in Frage gestellt.

Putz- und Waschmittel selber machen spart Geld

Wie sehr haben sich seitdem Ihre Lebenshaltungskosten verteuert?
Gar nicht, im Gegenteil. Ich habe in den letzten Jahren oft gestaunt, wie viel Geld wir einsparen, einfach durch ein paar einfache Gewohnheiten die wir geändert haben. Spannend fand ich, dass ich mir wirklich eine funktionieren Deocreme für weniger als einen Euro herstellen kann. Nachdem das geklappt hatte, habe ich mich dann auch daran getraut, Putz- und Waschmittel mal selbst herzustellen.

Bis heute schockiert mich immer noch oft, wie viele Dinge ich im Alltag nutze, die für mich selbst verständlich sind, deren Herkunft aber in drei unterschiedlichen Ländern liegt. Auch wenn es noch so kleine Dinge wie Scrunchies (Haargummis mit Stoffüberzug, Anm. d. Red.) sind, deren Gummi aus Malaysia kommt, der schöne Stoff aus den USA und das Garn, mit dem sie vernäht sind, aus China.

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Als Anspruch formulieren Sie, Sie möchten die Welt verbessern. Wie unbescheiden ist das?
Vielleicht unbescheiden, aber unverzichtbar! Nur, wenn sich jeder auf der ganzen Welt um Nachhaltigkeit bemüht, kann der Einzelne ein gutes Leben auf unserer Erde führen. Und ganz nebenbei geben wir weniger Geld aus, leben gesünder und haben mehr Freizeit.


Anke Schmidt: Schlauer putzen, die weltbesten Lifehacks und Rezepte von Wastelesshero, Ulmer, 16 Euro

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