Der Roman "Lichtjahre im Dunkel" von Friedrich Ani
Im Jahr 2003 gründete Sabine Thomas zusammen mit ihrem Lebensgefährten Andreas Hoh das Münchner Krimifestival, das vom Start weg ein großer Erfolg wurde. Internationale Stars wie Stephen King, John Grisham, Don Winslow, Elizabeth George, Simon Beckett oder Jussi Adler Olsen waren seitdem zu Gast und natürlich die bekanntesten heimischen Autorinnen und Autoren.
Im Jahr 2018 verunglückte Andreas Hoh tödlich, seitdem führt Sabine Thomas das Festival alleine weiter. Die heute beginnende 20. Ausgabe des Festivals eröffnet ein Stammgast seit der allerersten Stunde, der Münchner Krimiautor Friedrich Ani, mit seinem neuen Roman "Lichtjahre im Dunkel". Er erhält heute auch den nach Andreas Hoh benannten neuen Festivalpreis.
Neues von Tabor Süden
Ani bietet wieder seinen Ermittler Tabor Süden auf, dessen erster von nun über 20 Fällen 1998 erschien. Seitdem hat Süden, der große Schweiger, Trinker und Zuhörer, den Dienst als Kommissar bei der Vermisstenstelle längst quittiert und arbeitet als Privatdetektiv.
Seine Ermittlungsmethoden - schweigen, trinken, zuhören - hat er weiter perfektioniert und eine Teilzeit-Seelenverwandte in Kommissarin Fariza Nasri gefunden, die ihn liebevoll "Stadtschrat" nennt.
"Die Leute bestellten ihren Alltagsschrott bei Robotern"
Seine Empathie hilft ihm zu erkennen, dass auch bei seinem neuen Fall etwas nicht stimmt. Viola Ahorn hat ihn eher widerwillig engagiert, nach ihrem verschwundenen Mann Leo zu suchen, dessen Schreibwarenladen zuletzt immer schlechter lief. "Die Leute, fauler als Faultiere, bestellten ihren Alltagsschrott bei Robotern, weil sie glaubten, das wäre billiger als sich fachmännisch beraten zu lassen", sinniert Süden über das bröckelnde Geschäft. Dann rollt er das Leben des Vermissten auf, der nach dem frühen Tod der Eltern das Giesinger Geschäft zwangsweise übernehmen musste.
Doch in den folgenden Jahrzehnten ist Leo Ahorn an der Seite seiner Frau der Elan zum Träumen ausgegangen, er hat die Farben in seinem Leben verloren und sich in den Ruinen seiner Gewohnheiten eingerichtet. Schließlich ist er an der bedrückenden finanziellen Situation verzweifelt. Selbst in seiner Stammkneipe, im Blauen Eck, konnten sie sein Jammern nicht mehr ertragen. Vor allem, weil er in der letzten Zeit auch anfing, die anderen um Geld zu bitten, weil er angeblich einen großen Umbau des Geschäfts plante.
Unter Tresenbewohnern
Hauptadressat von Ahorns Bettelei war Georg Kramer, ehemaliger Umzugsspediteur, ein ebenso unbeholfen durchs Leben strauchelnder Tresenbewohner wie die meisten der Protagonisten in Friedrich Anis Kosmos. Auch als Ahorns Leiche im Kofferraum eines Zuhälters gefunden wird und sich Kommissarin Fariza Nasri einschaltet, bildet die Ermittlung nicht den Hauptfokus des Erzählers, sondern die seelischen Verletzungen der Gestrandeten wie Leo Ahorn, Georg Kramer und natürlich Tabor Süden selbst, der sich bisweilen in "unwegsamen Gedankengelände" verliert.
"Mindestens die Hälfte seines Lebens hatte Süden mit Menschen verbracht, die von einem bestimmten Moment ihrer Geschichte an um ein ihnen angemessenes Dasein betrogen worden waren", schreibt Friedrich Ani. Manchmal gewinnen die inneren Dämonen in "Lichtjahre im Dunkel" Überhand. Aber zum Ende hin nimmt der Fall dramatisch Fahrt auf und lässt die Krimi-Fans mit einer erschütternden Neuigkeit zurück.
Friedrich Ani stellt "Lichtjahre im Dunkel" (Suhrkamp, 448 Seiten, 25 Euro) am 10. April um 19 Uhr im Literaturhaus vor (Salvatorplatz)
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