Hape Kerkeling: Das Buch als „Schutzwall gegen Populismus“
Die größte Überraschung beim Bayerischen Buchpreis lieferte Hape Kerkeling. Nachdem ihn Markus Söder mit dem Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für sein literarisches Werk gewürdigt hatte, hielt der Entertainer eine denkwürdige, ernste und pointenfreie Dankesrede.
Hape Kerkelings Schreibregeln
Kerkeling erinnerte daran, dass ihm Literatur schon früh die Zuflucht in ein anderes Leben geboten habe, eine Überlebensstrategie gegen die Widrigkeiten des Alltags. Drei Regeln habe er stets für sein eigenes Schreiben eingehalten: die Pflicht zur Haltung, die Notwendigkeit zur Empathie und Humor als Schutzschild zu verwenden. Kerkeling erklärte das Buch zum ultimativen „Schutzwall gegen Populismus“. Schließlich wehre es die Verflachung der Gedanken ebenso ab wie die Verrohung der Sprache und die Verengung des Geistes.
Jeder Buchmensch wisse, dass es nicht die eine Wahrheit gebe, jedes Buch helfe, über den Tellerrand zu blicken. Dann entschuldigte er sich für seinen ungewohnt seriösen Vortrag: „Aber ich hatte das Gefühl, die Zeiten sind danach.“
Wieder gewinnt Dorothee Elmiger
Nach Ehrenpreis und Bayern2-Publikumspreis (Tahsim Durgun „Mama, bitte lern Deutsch“) waren immerhin schon 45 Minuten vergangen, bevor Moderatorin Judith Heitkamp zum Kern der Veranstaltung führen konnte, der Diskussion der Jury um Marie Schoeß (BR), Andreas Platthaus („FAZ“) und Cornelius Pollmer („Die Zeit“) über je drei ausgewählte Titel im Bereich Sachbuch und Belletristik. Eine gewagte Dramaturgie für eine immerhin live im Radio übertragene Sendung.

Die Entscheidung der Jury, erstmals von der „Buchpatenschaft“ abzurücken, mit der bislang jede und jeder für „seine“ Autorin kämpfte, war der Spannung leider nicht zuträglich. So verständlich es ist, vor den eingeladenen Autorinnen möglichst ohne Konflikt über die sechs Titel diskutieren zu wollen, so wenig erfüllt die Neuerung die Regeln des Showbusiness. Denn die Diskussion lief zwar freundschaftlich sachlich, aber leidenschaftsloser als früher. Als schließlich Heike Geißlers für ihr Buch „Verzweiflungen“ zum Sachbuchsieger erkoren wurde, auch wenn die Diskussion eher auf „Alte Frauen“ von Verena Lueken hingedeutet hatte, war die Autorin so überrascht wie das Publikum. „Erwarten Sie keine tollen Worte von mir“, sagte die Siegerin, „geben sie mir einfach was zu trinken.“

Doch vor dem Staatsempfang gab es noch die Diskussion, wer von den drei ausgewählten Titeln - „Die Holländerinnen“ von Dorothee Elmiger, „Muttermale“ von Dagmar Leupold, „Einen Vulkan besteigen“ von Annette Pehnt - der beste literarische sei. Es gewann wie beim Deutschen Buchpreis in Frankfurt Dorothee Elmiger, die eine erstaunliche Verbindung zu Heike Geißler offenbarte. Sie habe, so erzählte Elmiger, auf einer Parkbank in Zürich gesessen und Geißlers „Verzweiflungen“ gelesen, als ein in Zürich arbeitender Kranführer sie angesprochen und aufgrund des Titels von seiner Verzweiflung erzählt habe. Ein Beweis für die verbindende Kraft von Büchern.
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