Bildband über Thomas Mann: Nur ein Narzisst?

Mehr Pose als Schnappschuss: Ein Fotoband mit zum Teil unveröffentlichten Aufnahmen zu Thomas Mann.
Dirk Heißerer |
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Thomas Mann steckt sich auf seinem Grundstück im kalifornischen Exil-Wohnort Pacific Palisades eine Blume ins Knopfloch (1946).
Thomas Mann steckt sich auf seinem Grundstück im kalifornischen Exil-Wohnort Pacific Palisades eine Blume ins Knopfloch (1946). © Thomas-Mann-Archiv MA 2410

Er war ein Medienstar. Thomas Manns erster Auftritt im Tonfilm aus dem Jahr 1929 bleibt im Netz verfügbar. Auf Schallplatten und CDs erhebt er weiter seine mahnende Stimme und liest unnachahmlich seine Werke vor. Verfilmungen zu Leben und Werk erfreuen sich großer Beliebtheit.

Auch den Zauber des Lichtbilds hat er früh erkannt und sich immer wieder in Szene gesetzt. Die Ausbeute von mehr als 6.000 Fotografien kann sich sehen lassen.

Neuer Bildband über Thomas Mann: Großformatig aufgemachte Fotos 

Das Thomas-Mann-Archiv in Zürich präsentiert auf seiner Homepage seit einigen Jahren 2.700 Fotos des Schriftstellers und der Seinen, viele davon zur freien Verfügung. Eine Auswahl bietet nun ein stattlicher Bildband.

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Rüdiger Görner, Literaturprofessor in London, und seine Kollegin Kaltërina Latifi legen aber keine Dokumentation vor, sondern betonen die Impression. Ein Leben in Bildern soll in sieben Abschnitten ablaufen. Die großformatig aufgemachten Fotos werden von "Kleinstessays" begleitet, denen allerdings oft schnell die Luft ausgeht.

Mediale Selbstinszenierung kann Thomas Mann selbst am besten

Das ist schade, denn viele sachliche Informationen, längst bekannt, fehlen. Thomas Mann dressiert den Hund Motz nicht irgendwo "am See", sondern in Seeshaupt am Starnberger See, sein Grammophon stand im Münchner Haus nicht im Arbeitszimmer, sondern auf der Diele, und die "Dienstjacke", die Thomas Mann während der Arbeit am "Zauberberg" trug, wird weder erkannt noch benannt. Wissen wird durch Meinen ersetzt, poetische Bildüberschriften verdecken den Blick auf das, was sonst noch in den Fotos steckt. Man will den Narzisst entlarven und den Alltag beschwören.

Doch auf diesem Weg musste dem Autorenduo das Beste entgehen. Es ist der ironische Selbstkommentar Thomas Manns auf einem Foto, mit dem Hermann Kurzke seine Biografie (1999) eröffnet: "Here is the best picture ever made of me!" In medialer Selbstinszenierung macht Thomas Mann so schnell niemand etwas vor.


"Thomas Mann. Ein Schriftsteller setzt sich in Szene" ist im Theiss Verlag erschienen und kostet 60 Euro (272 Seiten).

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