Brüder im Geiste
Rap-Coolness und Reggae-Sozialkritik: Nas und Damian Marley beim Tollwood
Der eine posiert gern lässig mit verspiegelter Sonnenbrille und rappt sich seit 16 Jahren den Frust von der Seele. Der andere ist zufällig der jüngste Sprössling des berühmtesten Reggae-Künstlers der Musikgeschichte, trägt die Rastas bis zum Fußboden und gefällt sich als sozialkritischer Poet. Wenn das Klischee von den sich anziehenden Gegensätzen einmal zutrifft, dann beim Nas und Damian Marley-Doppelkonzert im gut gefüllten Tollwood-Musikzelt.
Eine unaufgeregte sechsköpfige Band kümmert sich hier um den maßgeschneiderten Sound, zwei Backgroundsängerinnen „schütteln ihren Speck“ mit Wucht und Verve, während ein DJ feinste Scratches und ein Dauerfahnenschwenker unfreiwillige Komik abliefern. Den Rest besorgen Nas mit brillantem Rap-Flow in glasklarer Diktion und Marley mit gekonnt-gekrächzten Gesangseinlagen und Schnellfeuerwortsalven.
Bereits beim rasanten „As We Enter“-Einstieg entfacht das Duo eine Energie, der sich niemand entziehen kann. Bis zum krönenden „Could You Be Loved“-Schlussakkord wird im Zelt getanzt und gefeiert, als hätte Deutschland doch die WM gewonnen. Und selbst die Fans des jeweiligen Künstlers kommen nicht zu kurz; Nas darf seine Oldschool-Hip-Hop-Schatzkiste („One Mic“) öffnen, während Marley einen Hauch von Karibikstimmung („Welcome To Jamrock“) nach München bringt.
Florian Koch