Bregenzer Festspiele "Die Passagierin"

Die Eröffnung der Bregenzer Festpiele mit "Die Passagierin" von Mieczyslaw Weinberg
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Die Eröffnung der Bregenzer Festpiele mit "Die Passagierin" von Mieczyslaw Weinberg

Zwei junge Frauen, auf einem Oceanliner unterwegs nach Brasilien, werden von ihrer Vergangenheit eingeholt. Beide, Anna-Lisa, die Deutsche, verheiratet mit einem Diplomaten, und Martha, die polnische Jüdin, haben an Auschwitz zwar gemeinsame, aber doch höchst unterschiedliche Erinnerungen: die eine als Opfer, die andere als Lageraufseherin.

Die Angst Anna-Lisas, entdeckt und gestellt zu werden, ist das Kern-Thema, um das diese Oper drei Stunden lang kreist. Der polnisch-jüdische Komponist Mieczyslaw Weinberg (1919-1996) hat sie 1968 vollendet. Konzertant war das Werk erstmals 2006 in Moskau zu hören. Die Bregenzer Eröffnungspremiere durfte sich also zu Recht „szenische Uraufführung“ nennen.

Eine „Schatzkammer von unglaublicher musikalischer Reichhaltigkeit“, verteidigt Festspielintendant und Regisseur David Pountney seinen Einsatz für „Die Passagierin“. Und fraglos ist in den Noten eine Menge an Originalität zu entdecken. Aber Weinberg, der vor den Nazis nach Moskau floh und sich dort mit Schostakowitsch anfreundete, war leider auch nicht immer immun gegen die Geniestreiche seines großen Vorbildes. Gelegentlich zitiert er recht ungeniert, übernimmt symphonische Strukturen oder blättert in dessen grotesken Trivial-Kompositionen.

Als sich Anna-Lisa ihrem Gatten offenbaren muss, wechseln die Schauplätze zwischen den hilflosen Erklärungsversuchen auf dem Schiffsdeck und der gnadenlosen Realität des Lagers in filmisch inszenierter Rückblende. Das geht bisweilen so unter Haut, dass am Ende, als sich die Darsteller der SS-Schergen verschämt verbeugen, mancher Besucher aufhört, zu klatschen.

Die Unantastbarkeit des Themas macht es schwer, über die Qualität dieser Oper unbefangen nachzudenken. Weinbergs Musik ist, bei aller Eindringlichkeit im Detail, nicht immer erstklassig. Die Szenen im Lager geraten oft zu lang. Die Mischung zwischen symphonischem Ernst und „jazziger“ Unterhaltung, für Schostakowitsch typisch, wird recht willkürlich eingesetzt. Dennoch waren die Wiener Symphoniker unter dem heftig gestikulierenden Teodor Currentzis stets mit Hingabe bei der Sache.

Szenisch ist das Stück bei Johan Engels (Bühne), Marie-Jeanne Lecca (Kostüme) Fabrice Kebour (Licht) und David Pountney in den besten Händen. An ihn geht die Palme. Mit „Aida“ auf der Seebühne macht er Kasse, mit der „Passagierin“ im Festspielhaus Kunst. Volker Boser

Wiederholungen am 26., 28. und 31.7. Karten unter 0043 5574 407-6

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