BR: Jugend? Nein, danke!
Die Übertragung der Bundesliga im Dritten nimmt der BR zum Anlass, das Programm gehörig umzubauen: „on3-Südwild“ wird verbannt, das Jugendmagazin hatte ohnehin keine Zuschauer
Erst wollte der BR partout nicht mitmachen bei der Übertragung der Bundesliga im Dritten. Jetzt macht er es bekanntlich doch und nimmt das gleich zum Anlass, sein Programm auch an anderen (Bau-)Stellen zu ändern.
Nicht einmal zwei Jahre ist es her, da wagte der BR seine große Progammreform. Erklärtes Ziel: mehr Quote machen und jüngere Zuschauer gewinnen. Eines der ehrgeizigen Projekte: „on3-Südwild“. Jugendliche machen Programm für Jugendliche. Jede Woche hält der „on3“-Sendebus in einem anderen bayerischen Ort und sendet zwischen 15 und 16 Uhr live sein Programm. Doch welcher Jugendliche hat heute so früh am Nachmittag Zeit zum Fernsehen? Viele sind’s nicht. Das desaströse Ergebnis: Mehr als 10000 Zuschauer (Sendegebiet Bayern) hatte das Magazin nie.
Jetzt kapituliert der BR. Künftig läuft „on3-Südwild“ auf BR-alpha um 16.30 Uhr. „Im Bildungskanal BR-alpha sind wir in der Lage, das Jugendformat auf einem wesentlich zielgruppenaffineren Sendeplatz zu zeigen“, sagt Fernsehdirektor Gerhard Fuchs dazu kurioserweise. Klar, BR-alpha haben sich die Kids ja auch ganz vorne gespeichert. Aber es wird noch skurriler: Nicht nur, dass die „on3-Südwild“-Wiederholungen im BR weiterhin in der Nacht laufen. „Außerdem senden wir ab dem 9. August mit ,on3-startrampe’ ein weiteres Jugendprogramm“, betont Fuchs, und zwar „immer sonntagnachts“, um 1.15 Uhr.
Dass man mit falscher Sendeplatzpolitik auch etablierte Formate in Schwierigkeiten bringen kann, zeigte der BR schon mehrfach. Das Magazin „Freizeit“ lief vor der Programmreform 2007 dienstags um 19 Uhr, danach freitags um 17 Uhr. Die Konsequenz. Aus 270000 Zuschauern wurden 100000. Seit September 2008 läuft das Magazin mit dem Schmidt Max donnerstags um 21.15 Uhr und ist mit 250000 Zuschauern fast wieder auf altem Niveau.
Die BR-„Lebenslinien“ haben ein ähnliches Schicksal. Aus 320000 Zuschauern (montags, 19.30 Uhr) wurden 180000 (20.15 Uhr). Künftig läuft die Porträt-Reihe, um die so mancher Sender den BR beneidete, durch die neue „Blickpunkt Sport“-Programmierung um 21.45 Uhr. Der Sender erhofft sich dadurch auch Aufwind für die Reihe, die aus „dem harten Konkurrenzumfeld“ herausgelöst ist.
Die Jugend aber scheint man beim BR aufgegeben zu haben. Jetzt spricht man von „mehr Regionalität, mehr Information, mehr Orientierung“. Dazu gehört die neue frühe „Rundschau“ um 16.45 Uhr und die stundenaktuellen „Rundschau-News“ in 100 Sekunden am Vor- und frühen Nachmittag. Und der „Abendschau“-Regionalteil wird selbstständig. „Franken aktuell“ mit den Moderatoren Karin Schubert und Charly Hilpert bzw. „Schwaben & Altbayern aktuell“ heißt die Sendung, die werktags um 17.30 läuft. „Wir betonen dadurch unsere regionale Kompetenz noch prägnanter und verständlicher“, sagt Fuchs. Eine altbekannte Moderatorin wurde für „Schwaben & Altbayern aktuell“ reaktiviert. Renate Herzberg, die im Zuge der Reform 2007 von der „Abendschau“ Abschied nehmen musste.
An einer festen Größe aber wird nicht gerüttelt, an der Daily „Dahoam is Dahoam“. Mit gutem Grund. Mit 530000 Zuschauern im Schnitt (2009) ist sie ein voller Erfolg. Mit 16,7 Prozent hat „DID“ einen doppelt so hohen Marktanteil wie der BR im Durchschnitt. Wen kümmert da das Zuschaueralter?
Angelika Kahl
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