Bitte relaxter aufregen
Lisa Fitz hat ein neues Kabarettprogramm und will so „politisch wie noch nie“ agieren
AZ: Frau Fitz, in Ihrem neuen Programm stellen Sie die Frage „Über welchen Scheiß mecht i mi heit aufregen?“ – Welcher ist es heute?
LISA FITZ: Es geht mir um die Katastrophen und Schreckensmeldungen, die mittlerweile wöchentlich wechseln, je nachdem was grad hip ist: Klima, Vogelgrippe, Gammelfleisch... Gerade hat man sich eingefürchtet, schon kommt eine neue Fürchterei.
Und was ist ein „emotionales Energiesparprogramm“, das Sie anpreisen?
Das bedeutet, sich zu fragen: Wer profitiert von den ganzen Katastrophen? Wieso ist Ex-US-Verteidigungsminister Rumsfeld an einer Firma beteiligt, die ein Medikament gegen Vogelgrippe vertreibt? Warum sitzt Otto Schily, Mr. Biometriepass, im Aufsichtsrat einer Biometrie-Firma? Wenn man sich das klarmacht, kann man die Aufregung runterschrauben und einfach nur sagen: achso!
Achso?
Ja, dann regt man sich gleich viel relaxter auf! Dann hat man nicht mehr die Angst, die uns in Schach halten und anderen Geld bringen soll.
Sie hatten angekündigt, so politisch wie noch nie sein zu wollen. Was heißt das?
Das heißt, dass alle meine Themen jetzt zu tun haben mit Politik oder Gesellschaft. Das Kabarett war ja etwas Richtung Comedy abgedriftet, mit Pointenzwang alle 20 Sekunden und egal auf welchem Niveau.
Ein ernst gemeinter Kalauer: Schluss mit Witz, Frau Fitz?
Um Gottes willen, gar nicht. Die größte Todsünde für einen Kabarettisten ist doch, wenn er nicht unterhält. Aber er muss intelligent unterhalten.
Also richtig schwerer Stoff und heftiger Anspruch?
So dramatisch ist die Veränderung gegenüber meinen früheren Programmen auch wieder nicht. Bei „Kruzifix“ ging es zum Beispiel um Religion.
Ois is Politik?
Sicher! Die Tagesaktualität hatte ich bislang nicht im Fokus. Aber seit einigen Jahren geht’s da ja so sehr zu, dass man gar nicht anders kann, als sich damit zu befassen.
Aber was ist, wenn es Ihr Publikum anders herum sieht: Jetzt kommt die Lisa auch noch mit dem Weltuntergang daher.
Dann wären wir auf dem falschen Dampfer. Es ist ja nicht so, dass ich im schwarzen Gewand auftrete und ein langes Gesicht ziehe. Das habe ich noch nie gemacht und das mache ich auch nicht. Ich muss allerdings auf das Tempo reagieren. Gestern war noch Finanzkrise und Zusammenbruch, jetzt geht mit Obama schon wieder die Sonne auf...
Was verbinden Sie mit dem Sieg von Obama?
Die US-Bürger haben eine wunderbare Entschlossenheit gezeigt, die uns wieder ein bisschen an sie glauben lässt. Obama will viel: Energie, Klima, Bürgerrechte, neue Weltpolitik. Ich beneide ihn nicht um die Aufgabe, das alles umsetzen zu müssen.
Und er schaut richtig scharf aus, oder?
Vor allem schwarze Frauen und junge Leute haben ihn gewählt. Die Amis haben in der Hinsicht schon immer mehr Geschmack gehabt als wir, die wollen keine betulichen Typen mit Bauch.
Aber wie finden Sie ihn als Mann?
Er ist schlank und darin schon mal ein gutes Vorbild für sein Volk. Er hört zu, er kann denken und er scheint integer zu sein. Und, klar, für einen Präsidenten sieht er schon sehr gut aus. Aber nur deshalb würde ich ihn ja nicht wählen.
Um Ihr Programm herum findet sich noch mehr Politik: Sie protestieren gegen das Robbenschlachten, Sie lesen in München am Synagogen-Gedenkstein. Eine Engagement-Offensive?
Es war für mich schon so, dass ich nach meinem Fremdgang in den RTL-Dschungel solche Sachen bewusst machen wollte. Diese Show bedeutete mir nichts, das waren ein paar Tage Verrücktheit. Aber viele Leute zweifelten an meiner Integrität als Kabarettistin.
Sie klagen über „Katastrophen-Laolas, die in den Medien rotieren“. Aber Sie wissen doch selbst zu gut, wie man dem Affen Zucker geben muss.
Ja, das verstehe ich. Aber nicht, warum man immerzu Panik und Angstmache betreibt. Dadurch stumpfen die Menschen doch nur ab. Sie verlieren den Überblick und den Durchblick.
Michael Grill
Heute und 6.12., Schloss-Zelt (je 20 Uhr), 17.12. Ottobrunn, Ferrari-Haus (19.30 Uhr)
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