Bildungs-Gottesdienst

Nach 40 Jahren übergibt Moderator und Redakteur Michael Skasa die „Sonntagsbeilage” in Bayern 2. Es ist eine witzig-kluge Ausnahmesendung mit großer Fangemeinde
Adrian Prechtel |
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Sonntags, Bayern 2, kurz nach 10 Uhr und noch einmal kurz nach fünf kann man eine besondere Sendung hören, einen vitalen Saurier der Rundfunkgeschichte.

AZ: Herr Skasa, die „Sonntagsbeilage” gilt als „bildungsbürgerlich”. Ist das ein Schimpfwort?

Der Begriff hat was Spießiges oder klingt angeberisch. Aber meine Sendung sollte Menschen bilden. Nicht im Sinne von Kreuzworträtselwissen, sondern – ich sag’s mal pathetisch: im Sinne von Herzensbildung.

Was ist dann einer Ihrer pädagogischen Tricks?

Etwas, was ich schon als Kind gemacht habe: Alles erst einmal auch umgedreht denken: z.B. den Kulturkampf mit den Kopftüchern. Da muss man einfach einfließen lassen, dass auch bei uns noch lange in Schlesien oder überhaupt auf dem Land Frauen Kopftücher aus Schicklichkeit oder als Teil der Tracht trugen.

Warum geben Sie jetzt die Sendung ab?

Ich werde 70 im Januar und die Sendung ist 40 Jahre – das sind gute runde Zahlen zum Aufhören. Denn 1971 habe ich eine Sendung übernommen, die hieß – ganz bieder: „Unterhaltung am Sonntagnachmittag”. Ich habe daraus dann die „Sonntagsbeilage” gemacht.

Abschied ist immer auch Loslassen. Können Sie das?

Ich habe 106 Dankesbriefe bekommen. Aber ich gehe im rechten Moment, weil jetzt im BR so grauenhaft gespart wird. Für Fußballübertragungsrechte gibt die ARD 100 Millionen jährlich aus. Das ist idiotisch. Das kann man den Privaten überlassen. Wenn man die Summe teilt, sind das rund 300000 Euro am Tag. Und dann kürzt man Beträge von 20 oder 30 Euro bei Beiträgen von Freien Mitarbeitern.

Was ist das Besondere an Ihrer Sendung?

Die kleinen Aufsätze, Glossen, Spitzen, Anmerkungen, die es früher auch in Zeitungen gab, die gibt es nur noch in dieser Sendung. Ich habe Maria Peschek entdeckt, als erster den Polt für den Hörfunk produziert, wie auch den Jörg Hube – deshalb hieß sein erstes Herzkasperl-Programm auch „Altstadtfunk”.

Die „Sonntagsbeilage” hat immer ihre Form gewahrt?

Ja, nach drei Monaten Kraut und Rüben, bin ich auf ein Gedicht übers Fensterln gestoßen. Da fiel mir ein, dass der Ludwig Thoma auch was Lustiges dazu geschrieben hat und dass es da von Cervantes die Geschichte eines Liedes vor dem Fenster der Geliebten gibt und Romeo klettert auf den Balkon zur Julia... Ab da habe ich Themensendungen mit passender Musik entwickelt.

Und das haben Sie einfach beibehalten, während sich die Radiowelt gewandelt hat.

Ja, das ist furchtbar: immer weniger Wort, mehr Musik, kürzere Einheiten. Ich habe mich dagegen gewehrt und die 120000 Hörer sind ja begeistert. Da es aber immer weniger Sketche-Schreiber gibt, ist die Sendung heute weniger albern als früher. Es ist eine Sendung für 40-plus. Na und? Für 40-minus gibt es ja schon jede Menge im Radio.

Gregor Hoppe übernimmt am 1.1. die „Sonntagsbeilage” um 10.05 und 17.05 Uhr, Bayern 2

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