Bilder für alle: Die Jahresgaben des Kunstvereins München
Der Vergleich ist ziemlich schief. Denn es gibt weder billige Bettwäsche noch Socken. Doch der Andrang ist wie früher beim Schlussverkauf, wenn sich in der Früh die Kaufhaustore geöffnet haben und die Leute mit ausgefahrenen Ellbogen zu den Wühltischen gerannt sind, um die besten Fänge zu machen. Am Freitagabend, pünktlich um 18 Uhr, gehen im Münchner Kunstverein die Türen auf, und wer zuerst vor dem entsprechenden Werk eine klare Kaufbekundung ausspricht, hat den Zuschlag. Unter einer Bedingung: Sie oder er muss Mitglied im Verein sein. Aber das ist bei den begehrten Jahresgaben freilich keine große Hürde, man kann sogar spontan eintreten.
Überblick über Münchens aktuelle Kunstszene
Mehr als 300 Arbeiten von über 90 Münchner Künstlerinnen und Künstlern sind zusammengekommen. Neben den Jungen, die sich erst noch ihren Platz in der Szene erobern müssen, sind genauso renommierte Kollegen mit Gemälden, Fotografien, Zeichnungen oder Skulpturen vertreten, die auf dem normalen Kunstmarkt deutlich mehr einbringen würden. Zwei von bis zu vier Objekten dürfen nicht mehr als 700 Euro kosten. Das ist ein schönes Miteinander, denn man kann es nur immer wieder betonen: Seit 1823 organisiert der Kunstverein München Ausstellungen und Publikationen.

Der Erlös landet direkt bei den Künstlern und beim Verein
Die Jahresgaben bieten da nicht nur einen Überblick über das aktuelle Kunstschaffen, sondern auch eine famose Einnahmequelle. Der Erlös aus den Verkäufen geht zur Hälfte an die Künstler und zur anderen Hälfte an den Verein sowie an die Künstlersozialkasse.
Ein Chefschreibtisch aus Fliesen und superschlaue Pylonen
Was diesmal auffällt? Viel Comichaftes und Textiles ist unter den Werken, Hintersinniges wie Gabi Blums Fliesen-„Chefschreibtisch“ in zwei Teilen oder Martin Fengels „Dad Jokes“ mit einem Humpty-Dumpty-Duo. Wer Caro Josts Pylonen um sich hat, geht nie mehr gedankenlos aus dem Haus („Be hip. Think“), in Josef Köstlbachers Wimmellandschaften will man sich augenblicklich verlieren, und bei Anna McCarthys „Pisseuse“ hat man gleich noch Picasso mit an der Wand.
Toilettenpapier aus Pelz
Florian Nöthe sorgt dafür, dass weder Sojasoße noch Luftschlangen ausgehen, während Pfeifer & Kreutzer Toilettenpapier aus Pelz anbieten. Nicht zu vergessen Hank Schmidt in der Beek, der Tick, Trick und Track entsetzt in Otto Muellers Landschaft mit Badenden („Mädchen!“) eindringen und den guten alten Miraculix in den Fußstiefeln von René Magritte Zaubertrank köcheln lässt. Vielleicht rührt der Druide aber auch nur im Glühwein.
Jahresgaben im Kunstverein, Freitag 28. November 2025, von 18 bis 22 Uhr an der Galeriestraße 4, Hofgartenarkaden, bis 7. Dezember 2025 täglich von 12 bis 18 Uhr, Online-Käufe ab Samstag, 13 Uhr über www.kunstverein-muenchen.de
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