Bilder: Die AZ-Sterne des Jahres 2019

Zum 47. Mal ehrt die Abendzeitung die kulturellen Höhepunkte der vergangenen zwölf Monaten mit den AZ-Sternen des Jahres. Verliehen werden die Preise Anfang Februar bei einem Fest im Lustspielhaus.
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Ehrenstern: Helge Schneider "Das ganze Geld mit Quatsch verdient", singt Helge Schneider. Aber den höheren Blödsinn hat der Jazzmusiker, Schauspieler, Buchautor ("Eiersalat – Eine Frau geht seinen Weg"), Regisseur und Schauspieler aus Mülheim an der Ruhr zu einer ganz eigenen Kunstform veredelt. In einem Genre ohne Vorgänger und Nacheiferer ist der 65-jährige seit vier Jahrzehnten erfolgreich. Ob er im Entengang Gitarrensoli spielt, an der Trompete Louis Armstrong parodiert, oder einfach nur vor Publikum ein Käsebrot isst – niemand hat den vorgeblichen Dilettanten zu einer solchen Virtuosität getrieben, wie diese Bühnenfigur mit immer neuen Facetten. Heuer hat ihn die Bayerische Akademie der Schönen Künste in ihre illustre Runde aufgenommen. Er ist das einzige Mitglied mit Eduscho-Studium, wie Schneider seine Ausbildung in den Trinkhallen und Fußgängerzonen des Ruhrgebiets nannte, wo er beim Belauschen der Gespräche Inspiration für seine Programme fand.
dpa 14 Ehrenstern: Helge Schneider "Das ganze Geld mit Quatsch verdient", singt Helge Schneider. Aber den höheren Blödsinn hat der Jazzmusiker, Schauspieler, Buchautor ("Eiersalat – Eine Frau geht seinen Weg"), Regisseur und Schauspieler aus Mülheim an der Ruhr zu einer ganz eigenen Kunstform veredelt. In einem Genre ohne Vorgänger und Nacheiferer ist der 65-jährige seit vier Jahrzehnten erfolgreich. Ob er im Entengang Gitarrensoli spielt, an der Trompete Louis Armstrong parodiert, oder einfach nur vor Publikum ein Käsebrot isst – niemand hat den vorgeblichen Dilettanten zu einer solchen Virtuosität getrieben, wie diese Bühnenfigur mit immer neuen Facetten. Heuer hat ihn die Bayerische Akademie der Schönen Künste in ihre illustre Runde aufgenommen. Er ist das einzige Mitglied mit Eduscho-Studium, wie Schneider seine Ausbildung in den Trinkhallen und Fußgängerzonen des Ruhrgebiets nannte, wo er beim Belauschen der Gespräche Inspiration für seine Programme fand.
Theater: "Lulu" im Marstall Video ist längst Gestaltungsmittel des Theaters. Nur selten aber gelingt es, die Bilder auf den Projektionsflächen und die Schauspielerei im Raum so überzeugend zu verschmelzen wie in der Inszenierung "Lulu" von Sebastian Kraft. Die Schatten der Darstellerinnen können sich verblüffend selbstständig bewegen und dank perfekter Maskenbildnerei verwandeln sich Liliane Amuat, Juliane Köhler und Charlotte Schwab in das Bestiarium von Wedekinds "Monstretragödie". Als drei abgeklärte wie amüsante Lulus sind sie ein Kniff, dem überholten Gesellschaftsentwurf der vorletzten Jahrhundertwende Frische zu geben.
Hupfeld 14 Theater: "Lulu" im Marstall Video ist längst Gestaltungsmittel des Theaters. Nur selten aber gelingt es, die Bilder auf den Projektionsflächen und die Schauspielerei im Raum so überzeugend zu verschmelzen wie in der Inszenierung "Lulu" von Sebastian Kraft. Die Schatten der Darstellerinnen können sich verblüffend selbstständig bewegen und dank perfekter Maskenbildnerei verwandeln sich Liliane Amuat, Juliane Köhler und Charlotte Schwab in das Bestiarium von Wedekinds "Monstretragödie". Als drei abgeklärte wie amüsante Lulus sind sie ein Kniff, dem überholten Gesellschaftsentwurf der vorletzten Jahrhundertwende Frische zu geben.
Kabarett: Lisa Eckhart Ob sie sich für ihren Erfolg hoch geschlafen habe, wird sie gerne gefragt, aber das verneint sie selbstverständlich. Nun könne sie sich nur noch herunter schlafen, spöttelt Lisa Eckhart. Für eine Kabarettistin mit Vergangenheit als Poetry-Slammerin knapp über Mitte 20 ist die Österreicherin ganz weit oben angekommen. Zart wie eine Schönheit des Wiener Jugendstils feiert sie mit ihrem aktuellen Bühnensolo die "Vorteile des Lasters" – und meint damit nicht Nutzfahrzeuge, sondern die sieben Todsünden. Die findet Eckhart nicht nur in naheliegenden kirchlichen Kreisen, sondern sehr munter und lebendig auch im heutigen, säkularen Alltag.
Moritz Schell 14 Kabarett: Lisa Eckhart Ob sie sich für ihren Erfolg hoch geschlafen habe, wird sie gerne gefragt, aber das verneint sie selbstverständlich. Nun könne sie sich nur noch herunter schlafen, spöttelt Lisa Eckhart. Für eine Kabarettistin mit Vergangenheit als Poetry-Slammerin knapp über Mitte 20 ist die Österreicherin ganz weit oben angekommen. Zart wie eine Schönheit des Wiener Jugendstils feiert sie mit ihrem aktuellen Bühnensolo die "Vorteile des Lasters" – und meint damit nicht Nutzfahrzeuge, sondern die sieben Todsünden. Die findet Eckhart nicht nur in naheliegenden kirchlichen Kreisen, sondern sehr munter und lebendig auch im heutigen, säkularen Alltag.
Architektur: "Werk 12" von MVRDV Das Architekturbüro mit dem sperrigen Namen MVRDV hat schon den niederländischen Pavillon für die Expo 2000 entworfen. Der gefiel Werner Eckart, dem Pfanni-Erben. Und so bekamen die Rotterdamer den Auftrag für das Werk 12. Das fasziniert durch Transparenz, Leichtigkeit und Freitreppenarchitektur – offen für verschiedene Nutzungen. Ein spektakulärer Witz sind die Comic-Ausrufe, die in Leuchtbuchstaben von der Fassade rufen (entworfen von Beate Engl und Christian Engelman): Ein Gefühlsbogen von "Hihi" über "Aahh" bis "Puh". Das – so Eckart – habe er alles in der Entstehungsphase empfunden. Wow!
Ivana Bilz 14 Architektur: "Werk 12" von MVRDV Das Architekturbüro mit dem sperrigen Namen MVRDV hat schon den niederländischen Pavillon für die Expo 2000 entworfen. Der gefiel Werner Eckart, dem Pfanni-Erben. Und so bekamen die Rotterdamer den Auftrag für das Werk 12. Das fasziniert durch Transparenz, Leichtigkeit und Freitreppenarchitektur – offen für verschiedene Nutzungen. Ein spektakulärer Witz sind die Comic-Ausrufe, die in Leuchtbuchstaben von der Fassade rufen (entworfen von Beate Engl und Christian Engelman): Ein Gefühlsbogen von "Hihi" über "Aahh" bis "Puh". Das – so Eckart – habe er alles in der Entstehungsphase empfunden. Wow!
Literatur:  Christoph Poschenrieder - "Der unsichtbare Roman" In seinem Werk "Der unsichtbare Roman" (Diogenes) beschäftigt sich der Münchner Schriftsteller Christoph Poschenrieder mit dem "Golem"-Autor Gustav Meyrink, der 1918 ein Angebot vom Auswärtigen Amt erhält: Wenn der Dandy vom Starnberger See einen Roman schreibt, in dem den Freimaurern die Schuld am Ersten Weltkrieg nachgewiesen wird, winkt ein ansehnliches Honorar. Meyrink kassiert den Vorschuss, rührt aber anschließend keinen Finger. Mit leiser Ironie entwirft Poschenrieder diese wahre Literaturgeschichte und streut dabei seine Recherche mit ein, wie Meyrinks Pakt mit dem Teufel zustande kam.
dpa 14 Literatur: Christoph Poschenrieder - "Der unsichtbare Roman" In seinem Werk "Der unsichtbare Roman" (Diogenes) beschäftigt sich der Münchner Schriftsteller Christoph Poschenrieder mit dem "Golem"-Autor Gustav Meyrink, der 1918 ein Angebot vom Auswärtigen Amt erhält: Wenn der Dandy vom Starnberger See einen Roman schreibt, in dem den Freimaurern die Schuld am Ersten Weltkrieg nachgewiesen wird, winkt ein ansehnliches Honorar. Meyrink kassiert den Vorschuss, rührt aber anschließend keinen Finger. Mit leiser Ironie entwirft Poschenrieder diese wahre Literaturgeschichte und streut dabei seine Recherche mit ein, wie Meyrinks Pakt mit dem Teufel zustande kam.
Filmdrama: Nora Fingscheidt - "Systemsprenger" Regisseurin Nora Fingscheidt kommt vom Dokumentarfilm und hat unzählige Schicksale recherchiert. Ein beratender Professor für Intensivpädagogik attestiert dem Film Wahrhaftigkeit. So ist der Realitätseffekt hoch, und das Schicksal von Benni (Helena Zengel) geht an die Nieren. Vollkommen glaubhaft und perfekt nuanciert spielt sie dieses Mädchen, das hyperaggressiv ist und doch kindlich-liebenswürdig, das eine nicht zu zügelnde Lebensenergie hat, das verloren und einsam ist und doch so viel Lebenslust in sich trägt. Sie ist als neunjähriges Kind natürlich Opfer und nicht Täter – aber zugleich ist sie eine Gefahr für andere Kinder und ängstigt uns, und daraus bezieht "Systemsprenger" eine beklemmende, radikale Spannung.
Peter Hartwig 14 Filmdrama: Nora Fingscheidt - "Systemsprenger" Regisseurin Nora Fingscheidt kommt vom Dokumentarfilm und hat unzählige Schicksale recherchiert. Ein beratender Professor für Intensivpädagogik attestiert dem Film Wahrhaftigkeit. So ist der Realitätseffekt hoch, und das Schicksal von Benni (Helena Zengel) geht an die Nieren. Vollkommen glaubhaft und perfekt nuanciert spielt sie dieses Mädchen, das hyperaggressiv ist und doch kindlich-liebenswürdig, das eine nicht zu zügelnde Lebensenergie hat, das verloren und einsam ist und doch so viel Lebenslust in sich trägt. Sie ist als neunjähriges Kind natürlich Opfer und nicht Täter – aber zugleich ist sie eine Gefahr für andere Kinder und ängstigt uns, und daraus bezieht "Systemsprenger" eine beklemmende, radikale Spannung.
Klassik: Sophie Mitterhuber Vor zwei Jahren war sie, klar und eindringlich singend, Sophie Scholl in Udo Zimmermanns Kammeroper "Weiße Rose". Gleichzeitig sang sie, ebenso berührend, die Pamina in einer Repertoirevorstellung von Mozarts "Zauberflöte" im Gärtnerplatztheater. Die junge, in Salzburg geborene und am Mozarteum ausgebildete Sopranistin Sophie Mitterhuber ist dort ein Ensemblemitglied, dem offenbar die Chance zu einer behutsamen, nichts übereilenden Möglichkeit der Entwicklung gegeben wird. Auch in der laufenden Spielzeit hinterließ sie, mal lyrisch, mal stählern-kalt einen starken Eindruck: als Kluge in Carl Orffs Einakter auf der Studiobühne. Eine vielversprechende Sopranistin, von der wir uns im lyrischen Fach einiges erwarten.
Zach 14 Klassik: Sophie Mitterhuber Vor zwei Jahren war sie, klar und eindringlich singend, Sophie Scholl in Udo Zimmermanns Kammeroper "Weiße Rose". Gleichzeitig sang sie, ebenso berührend, die Pamina in einer Repertoirevorstellung von Mozarts "Zauberflöte" im Gärtnerplatztheater. Die junge, in Salzburg geborene und am Mozarteum ausgebildete Sopranistin Sophie Mitterhuber ist dort ein Ensemblemitglied, dem offenbar die Chance zu einer behutsamen, nichts übereilenden Möglichkeit der Entwicklung gegeben wird. Auch in der laufenden Spielzeit hinterließ sie, mal lyrisch, mal stählern-kalt einen starken Eindruck: als Kluge in Carl Orffs Einakter auf der Studiobühne. Eine vielversprechende Sopranistin, von der wir uns im lyrischen Fach einiges erwarten.
Schauspieler: Thomas Schmauser In Dieter Dorns legendärer "König Lear"-Inszenierung in den Kammerspielen von 1992 war der damalige Otto-Falckenberg-Student Thomas Schmauser noch ein Scherge, der nur einen Satz sprechen durfte, 2013 bei Johan Simons spielte er den Narren, der den irre gewordenen Herrscher auf seinem Weg in die Wildnis begleitet. Jetzt, in der Inszenierung von Stefan Pucher im Jahr 2019, spielt er den König Lear selbst. Mit 47 Jahren ist er eigentlich noch immer viel zu jung für diese Paraderolle eines in Ehren alt gewordenen Mimen. Aber Thomas Schmauser füllt den Lear übervoll mit der Leere eines Hipsters im besten Alter, der sich entschlossen hat, den Laden an die Töchter zu übergeben. Bis zur Tragödie durchleidet Schmausers Lear eine vielfach gebrochene Wandlung vom melancholischen Egozentriker zum desillusionierten Ironiker.
Arno Declair 14 Schauspieler: Thomas Schmauser In Dieter Dorns legendärer "König Lear"-Inszenierung in den Kammerspielen von 1992 war der damalige Otto-Falckenberg-Student Thomas Schmauser noch ein Scherge, der nur einen Satz sprechen durfte, 2013 bei Johan Simons spielte er den Narren, der den irre gewordenen Herrscher auf seinem Weg in die Wildnis begleitet. Jetzt, in der Inszenierung von Stefan Pucher im Jahr 2019, spielt er den König Lear selbst. Mit 47 Jahren ist er eigentlich noch immer viel zu jung für diese Paraderolle eines in Ehren alt gewordenen Mimen. Aber Thomas Schmauser füllt den Lear übervoll mit der Leere eines Hipsters im besten Alter, der sich entschlossen hat, den Laden an die Töchter zu übergeben. Bis zur Tragödie durchleidet Schmausers Lear eine vielfach gebrochene Wandlung vom melancholischen Egozentriker zum desillusionierten Ironiker.
Musiktheater: "The Snow Queen" Neues Musiktheater handelt oft von abstrakten Ideen, selten von Menschen und ihren Emotionen. "The Snow Queen" ist ein seltener Glücksfall: Andreas Kriegenburg macht aus der erst im vergangenen Oktober in Kopenhagen uraufgeführten Oper im Nationaltheater eine ganz konkrete Geschichte über psychische Krankheit und die Hoffnung auf Heilung. Seine Inszenierung beglaubigt das Märchen von Hans Christian Andersen psychologisch, ohne in die Falle des alles erklärenden Erzähltheaters zu tappen. Es ist eine Aufführung, in der alles zusammenpasst: die Vorlage, ihre Deutung, die Sängerin Barbara Hannigan, der stumm agierende Thomas Gräßle und die in weiten Bögen schwingende, kalt-suggestive, kompliziert-einfache Musik der Kälte von Hans Abrahmsen, gespielt vom Bayerischen Staatsorchester unter Cornelius Meister.
Wilfried Hösl 14 Musiktheater: "The Snow Queen" Neues Musiktheater handelt oft von abstrakten Ideen, selten von Menschen und ihren Emotionen. "The Snow Queen" ist ein seltener Glücksfall: Andreas Kriegenburg macht aus der erst im vergangenen Oktober in Kopenhagen uraufgeführten Oper im Nationaltheater eine ganz konkrete Geschichte über psychische Krankheit und die Hoffnung auf Heilung. Seine Inszenierung beglaubigt das Märchen von Hans Christian Andersen psychologisch, ohne in die Falle des alles erklärenden Erzähltheaters zu tappen. Es ist eine Aufführung, in der alles zusammenpasst: die Vorlage, ihre Deutung, die Sängerin Barbara Hannigan, der stumm agierende Thomas Gräßle und die in weiten Bögen schwingende, kalt-suggestive, kompliziert-einfache Musik der Kälte von Hans Abrahmsen, gespielt vom Bayerischen Staatsorchester unter Cornelius Meister.
Graphic Novel: Frank Schmolke -  "Nachts im Paradies" München ist schön, keine Frage. Irgendwann aber wird es auch im Paradies dunkel, und dazu muss noch nicht einmal die Nacht hereinbrechen. Es genügt schon, wenn man zu den nicht ganz so Erfolgreichen zählt wie Taxler Vincent. Der erlebt im Zeitraffer alles, was man sonst gerne übersieht: vom hilflos zugedröhnten Partygirl bis zum geilen Geizkragen ohne jeden Genierer. Und an manchen Oktoberfesttagen sieht Vincent eh nur noch wankende Zombies. Der Münchner Zeichner Frank Schmolke hat all das in einen mitreißenden Comic-Roman gepackt – und weiß, wovon er erzählt. Bis vor ein paar Jahren ist der 52-Jährige selbst Taxi gefahren, er kennt die Stadt von ihren charmanten und ätzenden Seiten. Zwischen Wiesnrausch und Ernüchterung ist "Nachts im Paradies" ein echtes Stück München und unsere Graphic Novel des Jahres.
edition moderne 14 Graphic Novel: Frank Schmolke - "Nachts im Paradies" München ist schön, keine Frage. Irgendwann aber wird es auch im Paradies dunkel, und dazu muss noch nicht einmal die Nacht hereinbrechen. Es genügt schon, wenn man zu den nicht ganz so Erfolgreichen zählt wie Taxler Vincent. Der erlebt im Zeitraffer alles, was man sonst gerne übersieht: vom hilflos zugedröhnten Partygirl bis zum geilen Geizkragen ohne jeden Genierer. Und an manchen Oktoberfesttagen sieht Vincent eh nur noch wankende Zombies. Der Münchner Zeichner Frank Schmolke hat all das in einen mitreißenden Comic-Roman gepackt – und weiß, wovon er erzählt. Bis vor ein paar Jahren ist der 52-Jährige selbst Taxi gefahren, er kennt die Stadt von ihren charmanten und ätzenden Seiten. Zwischen Wiesnrausch und Ernüchterung ist "Nachts im Paradies" ein echtes Stück München und unsere Graphic Novel des Jahres.
Kino: Caroline Link - "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" Wer ihre Filme sieht, wird immer berührt. Dazu wirft Caroline Link aber nicht die große Gefühlsüberwältigungsmaschine an, sondern verlässt sich auf die Erzählkraft des Kinos, die sie so wunderbar entfalten kann. Ihr Unterhaltungsdrama "Der Junge muss an die frische Luft" ist nach einem ganzen Jahr Publikumserfolg gerade erst aus dem Kino, da läuft schon "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" an. Was ungewöhnlich ist, weil sich Link aus Ernsthaftigkeit für ihre Projekte immer viel Zeit nimmt. Erneut gelingt Link die schöne Balance aus ernst genommenem politischen Hintergrund und dem Kindheitsabenteuer von Anna: Die muss 1933 als Neunjährige Berlinerin mit Flucht und Verlust umgehen, gewinnt aber dafür den größeren Zusammenhalt und die bedingungslose Liebe der Familie. Der Film kommt dabei ohne künstliche Dramatisierung und Gewalt aus und erzählt Judith Kerrs Erinnerungsroman von 1971 klassisch, dabei ganz zeitgemäß für uns heute.
Warner 14 Kino: Caroline Link - "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" Wer ihre Filme sieht, wird immer berührt. Dazu wirft Caroline Link aber nicht die große Gefühlsüberwältigungsmaschine an, sondern verlässt sich auf die Erzählkraft des Kinos, die sie so wunderbar entfalten kann. Ihr Unterhaltungsdrama "Der Junge muss an die frische Luft" ist nach einem ganzen Jahr Publikumserfolg gerade erst aus dem Kino, da läuft schon "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" an. Was ungewöhnlich ist, weil sich Link aus Ernsthaftigkeit für ihre Projekte immer viel Zeit nimmt. Erneut gelingt Link die schöne Balance aus ernst genommenem politischen Hintergrund und dem Kindheitsabenteuer von Anna: Die muss 1933 als Neunjährige Berlinerin mit Flucht und Verlust umgehen, gewinnt aber dafür den größeren Zusammenhalt und die bedingungslose Liebe der Familie. Der Film kommt dabei ohne künstliche Dramatisierung und Gewalt aus und erzählt Judith Kerrs Erinnerungsroman von 1971 klassisch, dabei ganz zeitgemäß für uns heute.
Kunst: Haus der Kunst - "Innenleben" Die Zeit sitzt auf Sofas und in Schrankwänden. Möbel sind für Henrike Nauman das ideale Medium, um geschichtliche Veränderungen sichtbar zu machen. Ob das nun die futuristisch-verspielten Einrichtungen der 90er-Jahre sind, die viel über den Konsumwahn nach der Wende erzählen, oder – in ihrer Arbeit "Ruinenwert" – die originalen 30er-Jahre-Tische und Sitzgruppen aus dem ehemaligen Kunsttempel der Nazis. Beides hat die Künstlerin raffiniert gemischt und den Salon in Hitlers Feriendomizil am Obersalzberg maßstabsgerecht rekonstruiert. Wohnästhetik und nationalistische Symbolik gehen eine eigentümliche Verbindung ein. Naumann bemüht die Geschichte und meint die Gegenwart. Wobei die 35-Jährige ihre eigenen Erfahrungen hat. Aufgewachsen in Zwickau erlebte sie die rechte Radikalisierung ihrer Schulfreunde und weiß: Auch auf weichen Couchkissen können sich kleine Hakenkreuze tummeln.
Conolly Weber 14 Kunst: Haus der Kunst - "Innenleben" Die Zeit sitzt auf Sofas und in Schrankwänden. Möbel sind für Henrike Nauman das ideale Medium, um geschichtliche Veränderungen sichtbar zu machen. Ob das nun die futuristisch-verspielten Einrichtungen der 90er-Jahre sind, die viel über den Konsumwahn nach der Wende erzählen, oder – in ihrer Arbeit "Ruinenwert" – die originalen 30er-Jahre-Tische und Sitzgruppen aus dem ehemaligen Kunsttempel der Nazis. Beides hat die Künstlerin raffiniert gemischt und den Salon in Hitlers Feriendomizil am Obersalzberg maßstabsgerecht rekonstruiert. Wohnästhetik und nationalistische Symbolik gehen eine eigentümliche Verbindung ein. Naumann bemüht die Geschichte und meint die Gegenwart. Wobei die 35-Jährige ihre eigenen Erfahrungen hat. Aufgewachsen in Zwickau erlebte sie die rechte Radikalisierung ihrer Schulfreunde und weiß: Auch auf weichen Couchkissen können sich kleine Hakenkreuze tummeln.
Musik: Organ Explosion Ihr tolles Album "La Bomba" ist der ideale Soundtrack für Zeit-Eskapisten, die sich für ihre schnieke Dinnerparty eingrooven wollen, die sich auf einen Spaghetti-Western im Autokino freuen, sich für Raumfahrt begeistern und das Jahr 1970 nicht erwarten können. Denn die drei Münchner Retro-Futuristen von Organ Explosion liefern einen wunderbar groovenden Sound von gestern. Organist Hansi Enzensberger, Bassist Ludwig Klöckner und Schlagzeuger Manfred Mildenberger spielen auf alten Instrumenten wie einer Hammond Orgel, einem Fender-Bass und Ludwig-Drums. Doch ob Samba-Rhythmen, jazzige Soli oder psychedelisch-sphärische Sounds: Alles fließt. Und mit dem Moog-Synthesizer bringt Hansi Enzensberger immer wieder die futuristische Note ins Spiel beim gemeinsamen Funk.
Sebastian Fery 14 Musik: Organ Explosion Ihr tolles Album "La Bomba" ist der ideale Soundtrack für Zeit-Eskapisten, die sich für ihre schnieke Dinnerparty eingrooven wollen, die sich auf einen Spaghetti-Western im Autokino freuen, sich für Raumfahrt begeistern und das Jahr 1970 nicht erwarten können. Denn die drei Münchner Retro-Futuristen von Organ Explosion liefern einen wunderbar groovenden Sound von gestern. Organist Hansi Enzensberger, Bassist Ludwig Klöckner und Schlagzeuger Manfred Mildenberger spielen auf alten Instrumenten wie einer Hammond Orgel, einem Fender-Bass und Ludwig-Drums. Doch ob Samba-Rhythmen, jazzige Soli oder psychedelisch-sphärische Sounds: Alles fließt. Und mit dem Moog-Synthesizer bringt Hansi Enzensberger immer wieder die futuristische Note ins Spiel beim gemeinsamen Funk.
TV-Serie: "Der Pass" Der Tote auf dem alpinen Grenzpass ist nicht einfach nur ermordet worden, er wurde anscheinend inszeniert hingerichtet. Ein Zeichen. Aber für wen? Acht Folgen lang werden ein höchst ungleiches deutsch-österreichisches Ermittlergespann in der von Cyrill Boss und Philipp Stennert erdachten und inszenierten Sky-Serie "Der Pass" den Zuschauer in Atem halten. Julia Jentsch als junge Idealistin und Nicholas Ofczarek als abgefuckter Zyniker veredeln die großartige Vorlage zu einem selten unterhaltsamen und intensiven TV-Erlebnis. Schon jetzt ein Klassiker.
Sky 14 TV-Serie: "Der Pass" Der Tote auf dem alpinen Grenzpass ist nicht einfach nur ermordet worden, er wurde anscheinend inszeniert hingerichtet. Ein Zeichen. Aber für wen? Acht Folgen lang werden ein höchst ungleiches deutsch-österreichisches Ermittlergespann in der von Cyrill Boss und Philipp Stennert erdachten und inszenierten Sky-Serie "Der Pass" den Zuschauer in Atem halten. Julia Jentsch als junge Idealistin und Nicholas Ofczarek als abgefuckter Zyniker veredeln die großartige Vorlage zu einem selten unterhaltsamen und intensiven TV-Erlebnis. Schon jetzt ein Klassiker.

München - Was war außergewöhnlich am Kulturjahr 2019? Damit meinen wir weder die Kultur-Großbaustellen Gasteig und Volkstheater noch das lang anhaltende Chaos im Haus der Kunst nach dem Rücktritt und späteren Tod von Okwui Enwezor. Und auch nicht den Streit um den Literaturnobelpreisträger Peter Handke oder die Debatte um die Notwendigkeit eines Museums für Humor mit begehbaren Lachsäcken.

Die Kulturredaktion der Abendzeitung hat ihre Eindrücke des Kulturjahres noch einmal auf sich wirken lassen und mit Abstand überprüft, diskutiert und entschieden: Hier sind unsere Favoriten aus Kunst, Musik, Oper, Theater, Literatur und Film. Zum 47. Mal vergeben wir die AZ-Sterne des Jahres. Verliehen werden die Preise Anfang Februar bei einem Fest im Lustspielhaus.

Sehen Sie alle Preisträger des AZ-Sterns des Jahres 2019 in unserer Bildergalerie.

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