Benjamin Sadler: Die Suche nach sich selbst
Als Schauspieler will Benjamin Sadler auch immer etwas herausfinden. Im ZDF hilft ihm heute ein „Schutzengel“ bei der Identitätssuche. Als Alfred Krupp steht er derzeit vor der Kamera.
Ben Sievert (Benjamin Sadler), ein schwerreicher Hamburger Immobilieninvestor, findet seinen besten Freund Gerry mit eingeschlagenem Schädel. Der Polizei sagt er, mit dem Mörder noch gerungen zu haben. Ist Ben in Gefahr, weil sich der nun erkannt fühlt? Oder ist er selbst der Täter, immerhin hatte Ben mit Gerry einen heftigen Streit? Polizistin Nadja (Silke Bodenbender) wird ihm Im ZDF-Film „Auftrag Schutzengel“ an die Seite gestellt.
Benjamin Sadler in einer Krimi-Rolle – das gab’s noch nicht oft. Der 37-Jährige scheint auf die großen Event-Filme abonniert, spielte in „Luther“ „Das Wunder von Lengede“, „Dresden“ oder „Krieg und Frieden“. „Ein reiner Genrestoff wie ,Auftrag Schutzengel’ ist eine schöne Herausforderung“, sagt Sadler der AZ.
Ben Sievert ist auf der Suche nach sich selbst, immer bemüht, sich vom Vater, einen ehemaligen Kiez-Paten zu emanzipieren. Dieser Aspekt der Rolle habe ihn besonders interessiert, sagt Sadler. Die Suche nach der eigenen Identität sei schließlich etwas Universelles und für jeden nachvollziehbar. „Und auch für den Schauspiel-Beruf ist die Suche ein wesentliches Merkmal, das mich fasziniert“, sagt Sadler. „Das heißt aber nicht, dass ich deshalb ständig auf der Therapiecouch liege.“ Letzendlich sei das Wissen-Wollen ja aber eine Qualität, die uns als Mensch mit ausmacht.“
Benjamin Sadler steht als Alfred Krupp vor der Kamera
Sadler wurde in Kanada geboren, als er fünf Jahre alt war, zog die Familie, seine Mutter ist Engländerin, nach Deutschland. Ohne Fernseher, der wurde daheim boykottiert. „Mein erstes Gerät habe ich mir erst mit 25 Jahren gekauft“, erzählt Sadler. „Aber natürlich habe ich als Kind so oft wie möglich wo anders geschaut, meist bei meiner englischen Großmutter.“ Vermisst habe er nichts, meint er, „ mit meiner siebenjährigen Tochter versuche ich es ähnlich zu pflegen, wir schauen nur Filme auf DVD. „Das TV-Programm ist ja schon mir viel zu unübersichtlich“, sagt der Schauspieler, der heute mit Kollegin Isabella Parkinson und der gemeinsamen Tochter in Berlin lebt.
An der Royal Academy of Dramatic Art in London hat Sadler studiert und betont: „In unserem Beruf geht es im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung weniger um das Erzeugen von Lügen, sondern, um eine Erschaffung von Wahrheit – auch wenn die eine subjektive sein kann.“ Besondere Verantwortung spüre er deshalb bei einer historischen Rolle.
In einer solchen steht Sadler gerade gemeinsam mit Iris Berben, Barbara Auer und Heino Ferch für den ZDF-Dreiteiler „Krupp – eine deutsche Familie“ vor der Kamera. Er spielt Alfred Krupp, der die Kruppsche Gussstahlfabrik zum größten Industrieunternehmen Europas und zum größten Waffenlieferant seiner Zeit ausbaute. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von den Alliierten als Kriegsverbrecher angeklagt. In den 50er Jahren erhielt er sein Vermögen jedoch zurück.
„Ich glaube, die Geschichte der Familie Krupp ist eines der brisantesten neuzeitlichen Themen und dem entsprechend komplex.“ Man müsse sich beim Erzählen aber auf eine Marschrichtung einigen, sagt Sadler. „Wir machen schließlich keinen Dokumentarfilm, sondern erzählen unsere Geschichte der Familie. Meine Fragen sind dabei: ,Wie wurde Alfred Krupp zu dem, der er war. Und was machen Familie, Tradition und der damit einhergehende wahnsinnige Anspruch mit einem Individuum?’“ Auf wissenschaftliche Forschungen und Interviews mit Zeitzeugen stützte sich das Team um Produzent Oliver Berben bei der filmischen Illustration der privaten Familienhistorie.
Es ist wieder einmal die Identitätssuche, die Sadler an fasziniert. „Aber es wäre vermessen, zu sagen, dass ich nun ein viel klareres Bild von Alfred Krupp hätte“, sagt er. „Die Frage, warum jemand auf eine Weise handelt, die so jenseits meiner Nachvollziehbarkeit liegt, kann ich auch bei aller Erklärung nicht endgültig beantworten. Noch immer denke ich: Wie konnte er damit leben?"
Angelika Kahl
„Auftrag Schutzengel“ zeigt das ZDF am Montag um 20.15 Uhr
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