"Bei Nacht": Zärtlicher Duschspaß
Es ist die privateste Zeit des Tages: Die Nacht. Doch was erleben die Menschen in diesen Stunden, was treibt sie an, ängstigt sie? Dieser Frage geht Johannes Härtl in seinem Tanzstück „Bei Nacht“ nach, dass am Freitag Premiere im i-camp feierte.
„Bei Nacht“ ist das Ende einer Trilogie und stellt wie seine Vorgänger das Individuum in den Mittelpunkt. Während die einen ziellos durch die Straßen hetzen, irren anderen durch ihre Träume und damit auch durch ihre Ängste und Wünsche.
Es ist sind Impressionen wie durch ein Schlüsselloch in fremde Leben, die Härtls sechs Tänzer gewähren: Ein Paar frönt dem zärtlichen Duschspaß, ein anderes trägt Kämpfe auf einer Matratze aus. Der Wechsel zwischen Regungslosigkeit und Dynamik macht Härtls Inszenierung so spannend. Und auch der Wechsel zwischen Leben in der Masse und Einsamkeit: Während ein paar Menschen sich gegenseitig in den Nachtstunden beobachten, zueinander finden, quält andere die Einsamkeit, die Wut, nur mit sich zu sein. Mit großer Präzision setzen Härtls Tänzer seine Choreographie um – selbst wenn alle sechs sich in einem rasenden Tempo über die Bretter bewegen.
Am Ende hängt dem Zuschauer die Frage nach dem eigenen Traum-Typen nach: Fliege ich bei Nacht eher. Oder falle ich.
A. K. Koophamel
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