Beethoven braucht eine harte Hand

Gasteig: Die Vierte und die Eroica mit den Philharmonikern unter Georges Prêtre
von  Robert Braunmüller

Gasteig: Die Vierte und die Eroica mit den Münchner Philharmonikern unter Georges Prêtre

Man steigt auf den Dachboden, öffnet einen alten Umzugskarton, blättert in alten Büchern und Fotoalben. Angenehme und unangenehme Erinnerungen steigen auf. In eine solch zwiespältige Stimmung können einen auch die Münchner Philharmoniker versetzen, wenn der 88-jährige Georges Prêtre Beethoven dirigiert.

Da steigt sie auf, die gute alte Zeit. Böhm und Karajan leben noch, Harnoncourt ist nur irgendein Cellist der Wiener Symphoniker. Die griechisch schlanke Maid, mit der Robert Schumann einst die Vierte verglich, trägt stolz ihren Hüftspeck. Im Trauermarsch der „Eroica” wurde die triumphale Auferstehung des Helden nicht – wie es geschrieben steht – vom dritten Horn als Solo verkündet, sondern in traditioneller Weise von drei schmetternden Hörnern, wie es eine traditionelle Beethoven-Verbesserung nahelegt.

Die darauf folgende, zwielichtig melancholische Stelle am Ende des zweiten Satzes gelang prächtig. Im Brio half der Konzertmeister, die spärliche Zeichengebung des Dirigenten zu verdeutlichen. Größere Pannen wurden vermieden, aber sonderlich inspiriert klang der Abend nie.

Gewiss ist nicht alles Gold, was historisierend schimmert. Und es nötigt irgendwie Respekt ab, wie sich die Philharmoniker mit ihrem Mischklang dem Beethoven-Zeitgeist verweigern. Im März kehrt Prêtre mit der Zweiten und Siebten zurück. Danach wäre es aber an der Zeit, endlich aus Thielemanns Schatten zu treten. Wie wär’s mal mit Andrew Manze, den das Orchester sichtlich mag? Und falls sich die Philis ernstlich in Prêtre verguckt haben sollten: Andere Symphoniker mit B im Namen vertragen es besser, wenn ältere Herren ihre Musik geschehen lassen. Beethoven verträgt eine härtere Hand.

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