Beach Boys - der Sommer stand und lehnte

„That’s Why God Made The Radio” – zum 50jährigen Jubiläum haben die Beach Boys ein neues Album
Christian Jooß |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Pure Harmonie: Sunlight, Beaches, Ocean, Vacation, Celebration – Good Vibration. Das Jahr 1962 war jung, da veröffentlichten die Beach Boys ihre erste Single: „409 / Surfin’ Safari”. Zur Feier ihres halben Jahrhunderts waren die Überlebenden Brian Wilson, Mike Love, Al Jardin, Bruce Johnston und David Marks im Studio. Das Ergebnis heißt „That’s Why God Made The Radio”. Und nach einer A-cappella-Meditation, zu der sich fünf verblüffend jugendliche Stimmen um ein Mikrofon versammeln, ist man schon mitten im Titelsong.

Man erinnere sich an die Anfangssequenz von Robert Zemeckis’ Film „Contact”. Die Kamera bewegt sich weg von der Erde ins Universum. Durchschneidet dabei einen Soundtrack von immer älteren Radioprogrammen. So nehmen die Beach Boys den Spacelift, cruisen mit offenem Verdeck in eine von der ewigen Sonne überbelichtete Vergangenheit.

Es ist allerdings ein Fehler, das jüngst doch noch erschienene „Smile” gegen das neue Album zu halten. Unmöglich, dieses an der Grenze zum Wahnsinn spielende, vielleicht schönste, vielleicht bekiffteste Fragmentwerk der Popgeschichte als Maßstab zu nehmen. Hier arbeiten die Beach Boys 2012 an einem Sound, der so spiegelblank ist wie der tagelang polierte Lack eines Oldtimer-Cabrios. Wenn in „Strange World” einmal ein Fahrrad klingelt, ist das nur nostalgischer Verweis auf „Pet Sounds” von 1966 und experimentellen Überschwang.

Regen der auf Wasser fällt

Aber Vorsicht: „The Private Life Of Bill And Sue” hat einen an Harry Belafonte erinnernden Coconut-Sound und erzählt die Geschichte eines Reality-Show-Paares, die endlose Sonnentage die Zeit totschlagen. Erst im Abspann berichtet die Stimme eines Radioreporters, dass die beiden vermisst werden. Möglicherweise ist ihr Verschwinden auch nur Inszenierung. Nebenbei – wie das Wort „Monterey” hier kopfstimmig eingeflogen wird, verursacht einer jener schönen irrationalen Schauer, vom dem Pop lebt.

Diese älteren Herren wissen, dass es auf unserer Erde die Welt der Beach Boys gar nicht geben kann. Ein knapper, heiliger Moment des Abschieds ist „Pacific Coast Highway”: „Drivin’ down Pacific Coast out on Highway One, the setting sun” hallte es, und polyphon entschwebt ein „Goodbye”. Nicht der letzte Song. Der heißt „Summer’s Gone”. Die finalen Töne dieses am Ende seiner Tage doch herzergreifenden Albums, sie gehören dem Regen, der auf das Wasser fällt, dem Wind, der ein Glockenspiel zum Klingen bringt. Es ist Herbst geworden.

The Beach Boys: „That’s Why God Made The Radio” (Capitol / EMI)

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.