Baum der Hoffnung
Auch animierte Wesen werden in ihre Existenz geworfen. Kurz nachdem die Axt in den Baum gefahren ist, brauen sich dunkle Wolken über dem Truffula-Tal zusammen. Dann fährt ein Blitz von oben in den Baumstumpf. Der wirft wiederum einen leuchtenden Strahl in den Himmel zurück. Noch ein Blitz, und aus dem Stumpf wird ein Wesen herauskatapultiert: klein, orange, mit Schnauzer. Der Lorax.
Gerade im Animationsfilm werden auch Kleinwüchsige mit großem Brimborium in Szene gesetzt, der Witz liegt in der Unverhältnismäßigkeit der Proportionen. Kindern mag das außerordentlich gefallen: Die Macht liegt bei den Kurzen. Aber schaut man sich heutige Produktionen an, dann droht der Charme verloren zu gehen, wenn kleine Geschichten in die Dimensionen des Blockbuster-Kinos aufgeblasen werden. Dem Kinderbuchautor Theodor Seuss Geisel alias Dr. Seuss und seinen Erfindungen ist dies post mortem oft wiederfahren. Der Grinch oder The Cat with The Hat wurden die Helden in knallbunten Spektakeln, fern der einfachen Illustrationen des Dr. Seuss.
Die Auseinandersetzung zwischen dem Lorax, dem Bewahrer des Waldes, und dem Once-ler, dem Baumfäller, der den flauschigen Stoff in den Ästen wirtschaftlich nutzen will, wird im Film um eine Rahmenhandlung ergänzt: Der 12-jährige Ted will seiner Angebeteten Ashley einen Baum finden. Bäume gibt es nämlich nicht mehr in Thneedville, einer Kunststoff-Stadt, die von einem kapitalistischen, ebenfalls kleinwüchsigen Monopolisten mit künstlich hergestellter Luft versorgt wird. Die Dystopie ist vollendet – und wartet auf ihren Zusammenbruch. Ted entdeckt am Rande eines Wastelands, das einst das blühende Truffalo-Tal war, den alt gewordenen Once-ler in seiner Hütte. Der will erst mal seine Geschichte erzählen: wie er sich versündigt hat an der Natur, am Lorax.
Danny DeVito, der Schauspieler und Hollywood-Produzent von Format, der 1988 mit Arnold Schwarzenegger Zwillinge gespielt hat, spricht den Lorax auch in der deutschen Version, was irgendwie holländisch und auf jeden Fall rührend klingt. Und irgendwie schaffen Chris Renaud und sein Team („Ich – Unverbesserlich”) es, dass bei allem spaßigen 3D-Overkill das Herz nicht kalt bleibt. Großherzig ist der Lorax, auch wenn er nicht mal an eine Türklinke ran kommt, und wenn nicht er uns auf den richtigen ökologischen Weg bringt, wer dann?
Kino: Cinema (OV), CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit, Royal
R: Chris Renaud, Kyle Balda (USA, 86 Min.)