Barfuß in den Sommer
Clueso hat sein viertes Studioalbum veröffentlicht. Besinnlicher Pop mit einem Schuss Jazz: „So sehr dabei“, heißt die neue CD. Das Album ist so homogen, dass seine Unterhaltsamkeit fast erstaunt.
Einer zupft leise auf der Gitarre, jemand klimpert am Piano. Das Schlagzeug ist gedämpft, die Stimmung nicht: Clueso hat sein viertes Studioalbum veröffentlicht. Auf „So sehr dabei“ hat der Erfurter 16 besinnliche Songperlen aneinandergereiht, die Ruhe und eine leichte Melancholie ausstrahlen. Auch die Musik bleibt meist dezent, ohne jemals langweilig zu werden – dank kleiner Jazz-Anleihen.
Das Album ist so homogen, dass seine Unterhaltsamkeit fast erstaunt. Den Unterschied machen zum einen die außergewöhnlichen Texte, bei denen Hinhören Pflicht ist: „Die Nacht wirkt überlegen, frei und noch gespannt“, heißt es in der Single „Keinen Zentimeter“. Zum anderen Nuancen im Arrangement:Mal ein bisschen Elektro, mal ein paar Gitarren mehr. „Geisterstadt" ist eine schöne Hommage an Görlitz. Bei „Gewinner“ zeigt Clueso sogar, wie er klingt, wenn er mehr Druck in seine Stimme legt – fast wie Grönemeyer, nur deutlich weniger manieriert.
Zu den stärksten Stücken gehören der Opener „Barfuß“ über Neuanfänge und unnötige Ängste sowie „Wir woll’n Sommer“: Der Song hat Witz und groovt wunderbar sanft vor sich hin. Damit ist er keine kommerzielle Gefahr für die Mainstream-Konkurrenz, die sicher irgendwelche Lieder mit den Wörtern „Hot“, „Samba“ oder „Love“ im Titel ins Rennen um den diesjährigen Sommerhit werfen wird – aber trotzdem garantiert um Längen besser.
Julia Bähr