Aus hoher Meisterwolk'

Laue Temperaturen, kein Regen und eine Kurzfassung des Rings: „Oper für alle” wird zum Volksfest
Robert Braunmüller |
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Wagner bei freiem Eintritt auf dem Marstallplatz. Einmal im Jahr ist es weise, wenn die Kunst aus „hoher Meisterwolk’” zum Volk heruntersteigt, findet Hans Sachs in den „Meistersingern”. Die Bayerische Staatsoper hat auf ihn gehört und bringt mit Hilfe eines Sponsors seit 15 Jahren bei „Oper für alle” die Musik zu den Leuten.

Das Festspielkonzert auf dem Marstallplatz ist noch nicht ganz so alt. Hier geht es ebenfalls locker zu, aber ein paar der 6500 Besucher tragen auch festliches Schwarz. Jüngere Leute sitzen auf Isomatten und feiern mit Rotwein, Pizza oder Sushi. Man kann kommen und gehen, wann man will. Trotzdem ist es während der Musik genauso ruhig wie in der Oper.

Am Anfang spielt mittlerweile traditionell das Jugendorchester Attacca, das von Musikern des Bayerischen Staatsorchesters betreut wird. Allan Bergius dirigiert Bedrich Smetanas Tondichtung „Die Moldau” – der Solo-Cellist des Bayerischen Staatsorchesters ist als ehemaliger Solist der Tölzer Knaben ein lebendes Vorbild gelungener Nachwuchspflege.

Es ist ein wenig frivol, in diesem Sommer unter freiem Himmel so massiv das Wasser musikalisch zu beschwören. Aber die Staatsoper hatte diesmal Glück: Trotz schlechter Vorhersagen blieb es auch bei der einstündigen Zusammenfassung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen” trocken. Als das Orchester unter Kent Nagano „Abendlich strahlt der Sonne Auge” aus dem „Rheingold” zitierte, leuchtete die Marstall-Fassade im Licht der untergehenden Sonne auf.

Die Suite des Holländers Henk de Vlieger beginnt mit dem tiefen Kontra-Es auf dem Grund des Rheins. Von den hämmernden Zwergen über den Walkürenritt bis zum Trauermarsch und dem Erlösungsschluss sind alle Höhepunkte enthalten. Sie funktionierten auch als Volksfest bestens, doch wie immer bei allen verstärkten Konzerten sind ruhigere Momente wie das „Waldweben” oder Siegfrieds Ankunft auf dem Walkürenfelsen fast eindrucksvoller als die großen Kracher.

Die Temperatur war mit etwa 20 Grad ideal für den Anlass. Eine perfekte Zugabe hatte Kent Nagano auch parat: Laien und Profis vereinigten sich für einen Ausschnitt aus Howard Shores Filmmusik zum „Herrn der Ringe” – ein Vorschlag, der aus dem Jugendorchester kam, wie der Generalmusikdirektor erklärte.

Das Konzert von „Oper für alle” ist die lockere Alternative zu „Klassik am Odeonsplatz”. Dort ist die Tonqualität zwar besser, aber bei geschenkter Musik ärgert sich niemand über Regen oder Programmänderungen. Und der Termin der Staatsoper ist seit den Zeiten von Zubin Mehta auch Chefsache – wie es sich gehört. 

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