Aus Gold wird Schokolade
Kinder sind Spießer. Sie wollen immer nur Fischstäbchen essen. Auch in künstlerischen Fragen goutieren sie kaum Experimente. Das liebevoll gepinselte Varieté-Bude im Rennertsaal der Staatsoper würdigte ein junget Mann keines Blickes. Die Gattungsfrage war ihm wichtiger: „Wird das nun ein Mitmachspiel oder Theater?”, moserte er mit Geringschätzung für Ersteres, als ihm ein Fichtenzweig zur Bekämpfung eines bösen Drachens in die Hand gedrückt wurde.
Auch unsere eigene kindliche Begleitung hätte „Sitztheater” bevorzugt. Aber hier müssen wir uns eindeutig auf die Seite der Staatsoper und ihres Regisseurs Sam Brown schlagen. Er inszenierte „Sigurd der Drachentöter” in einer Schaubude auf wechselnden Spielorten. Auf diese Weise war das junge Publikum ganz nah am Geschehen. Jedes gesungene Wort blieb glasklar und verständlich, was nicht nur Kinder zu schätzen wissen.
Wagneraffine Erwachsene kannten die Handlung aus dem ersten und zweiten Akt von „Siegfried”. Andy Papes kleine Oper hält sich allerdings an die Edda, weshalb Mime hier Regin (Christian Rieger) und der junge Held Sigurd (Andrew Owens) heißen. Ein fünfköpfige Orchester spielte auf einem drehbaren Podium gemäßigt Modernes. Wagnerzitate fehlten, aber die würden eh nur Erziehungsberechtigte erheitern.
Dafür landet Sigurd schon mal im Wasserfass. Auch sonst ging es eher deftig zu, was angesichts der landläufigen Kindertheatersanftheit angenehm überraschte. Nach dem Sieg über den Drachen (Alfred Kuhn) monierte unsere Begleitung allerdings: „War der nun schon tot, als das Motorrad umfiel oder erst, nachdem der Sänger mit dem Törtchen erledigt wurde?”
Der als Kaugummi-Schokolade verteilte Hort schmeckte ihr ebenfalls nicht, obwohl sie zugestand, dass andere Kinder so was mögen. Wenn diese Kritik erscheint, ist die letzte Vorstellung schon vorbei. Aber vielleicht gibt sich die Intendanz einen Ruck: Als Familienprogramm zum nahenden „Ring des Nibelungen” ist "Sigurd der Drachentöter" auch nach Weihnachten noch bestens geeignet.