Aufhören, wenn es am Schönsten ist
Die Sängerin Daliah Lavi verabschiedete sich von den Münchnern im Deutschen Theater
Widerspruch zwecklos: „Ich bin eine Frau, die weiß, was sie will“, dieses Lied von Oscar Straus, das die unvergessliche Fritzi Massary so herrlich kokett servierte, wäre auch der deutsch- israelischen Chanson-Dame gut zu Gesicht gestanden. Stattdessen aber fragt Daliah Lavi noch immer: „Wer hat mein Lied so zerstört?“ Wie befürchtet, gab es auch im gut besuchten Fröttmaninger Zelt des Deutschen Theaters keine Antwort darauf.
Wenn die hinreißend präsente, blendend aussehende 66-Jährige mit verraucht-verrucht klingender Stimme die Schlager-Poesie der siebziger Jahre hochleben lässt, dann mag das zu Recht ihre Fans in Ekstase versetzen. Leider aber haben Lieder wie „Oh, wann kommst du“ oder „Wär’ ich ein Buch“ nicht einmal annähernd die Qualität ihrer Interpretin. Sie sind allenfalls Güteklasse B, Schmonzetten, mit denen das öffentlich-rechtliche Fernsehen einst in ärmlichen Shows mangels Alternativen Quote machte.
Ein paar angedeutete Hüftschwünge, ein elegant in die Höhe gestreckter rechter Arm, der zauberhafte Kringel in die Luft malt, genügten, um das Publikum zum Schmelzen zu bringen. Nicht auszudenken, hätte sich Daliah Lavi getraut, ein paar Songs von Cole Porter oder George Gershwin zu riskieren. Immerhin: Die englisch gesungene Version des Hits „Jerusalem“, das kecke Geständnis „Meine Art, Liebe zu zeigen“ oder das mit lässiger Genervtheit vorgetragene „Lieben Sie Partys?“, eines der wenigen Chansons, in denen die deutsche Übersetzung von Miriam Frances funktioniert, machten Appetit auf mehr.
Doch Daliah Lavi hat endgültig genug. Sie sagt: „Good bye“ und zieht sich nach North Carolina zurück. Eine kleine Träne muss erlaubt sein.
Volker Boser
Daliah Lavis CD „C’est la vie“ bei Koch-Universal
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