Aufgetaut und heiß gefeiert
In der Philharmonie präsentierte sich Diana Krall mit einer coolen Rhythmusgruppe
Singen konnte sie schon immer und noch besser Klavier spielen. Nur bei den Ansagen, da haperte es: Entweder fiel die Tuchfühlung mit dem Publikum gleich ganz aus oder kam so unterkühlt rüber wie der Gesang, allerdings nicht im Sinne von cool, sondern irgendwie schüchtern und verkrampft.
Ganz anders nun der gefeierte Auftritt von Diana Krall und ihrem Trio in der Philharmonie, die trotz exorbitanter Kartenpreise bis auf den letzten Platz gefüllt war. Eine verwandelte Krall gab es zu erleben, deren Ansagen launig, witzig und anrührend um die vier wichtigsten Männer in ihrem Leben kreisten: Claus, Elvis und die beiden Zwillingssöhne.
Einer der vier war sogar anwesend, allerdings nicht auf der Bühne, wo er mangels Orchester auch nichts zu tun gehabt hätte, sondern im Publikum: Claus Ogerman, der legendäre Arrangeur, von dem sich Diana Krall zuletzt ein orchestrales Bossa-Nova-Kleid für ihr „Quiet Nights“-Album hat schneidern lassen.
Lasziv und komisch zugleich
Von ihm redete Krall beinahe so oft und herzlich wie von Elvis Costello, dem Ehemann und Pop-Musiker. In New York sei er gerade mit den Kindern zum Schaukeln in den Park gegangen, danach werde er kochen. „Er kann sehr gut kochen. Er kann aber auch andere Dinge sehr gut“, sagte Krall so lasziv komisch, dass klar war: Sein Gitarrenspiel war nicht gemeint.
Obwohl weder Arrangeur noch Ehemann auf der Bühne stehen, sind beide musikalisch präsent: Ogerman, weil die Pianistin in ihren superben Intros und Codas seine Orchesterarrangements anklingen lässt. Costello, weil Krall ihr übliches Repertoire aus Jazzstandards, Bossa Nova und den Evergreens des „Great American Songbook“, um Pop und Singer-Songwriter-Nummern erweitert: Neben einer schönen Solo-Version von Joni Mitchells „A Case of you“ gibt es auch „Rain Birds“ von Tom Waits zu hören.
Die Band ist fast noch besser
Dank Costello als Adressaten des einen oder anderen Songs findet Krall auch zu einem persönlicheren Ausdruck. Selten hat sie sich so weit und bewegend von ihrem üblichen, lasziv coolen Einheitsausdruck entfernt wie über das ihrem Mann gewidmeten und deswegen umgetexteten „I’ve grown accustomed to his face“.
Aber nicht nur Costello, auch die neue Rhythmusgruppe tut Diana Krall und ihrer Musik gut. Allen voran Karriem Riggins, der neue Schlagzeuger. Während der ebenfalls exzellente Jeff Hamilton ihren Jazz-Klassizismus verstärkte, forderte sie Riggins, im Nebenberuf übrigens Hip- Hop-Produzent, heraus – rhythmisch und solistisch. Gerappt hat er zwar nicht, aber für manches seiner explosiven, dramaturgisch durchgestalteten Soli mehr Applaus erhalten als die gefeierte Diana Krall.
Claus Lochbihler
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