Alphamännchen sind einsam

Horror in der Wildnis: Liam Neeson kämpft in „The Grey” gegen wütende Wölfe
von  Michael Stadler

Man kann sich Liam Neeson eigentlich nur als Leitwolf vorstellen. Dieses markante Gesicht, diese charismatische Stimme, dieser massive Körper – alles wie geschaffen für einen Anführer, der den anderen den Weg weist, auch wenn es Richtung Tod geht. Mit einem Flugzeug ist der scharf schießende Biologe John Ottway mitsamt Besatzung in den Wäldern Alaskas abgestürzt, und einer der Männer liegt in den Trümmern vor ihm. Du wirst sterben, sagt Ottway unumwunden, das Lügen liegt ihm nicht, und er begleitet den Tod mit ruhigen Worten.

+Den Absturz hat Regisseur Joe Carnahan mit Handkamera, nah an den Körpern filmen lassen – noch zwei Jahre zuvor flog in seiner Version von „Das A-Team” ein Panzer durch die Luft. Purer Kintopp, bei dem Liam Neeson den Chef des A-Teams, Hannibal, spielte. In Interviews schwärmt Carnahan nun von Werner Herzogs „Grizzly Man” und begibt sich in dessen tiefe Fußstapfen, wenn er in „The Grey” die Begegnung Mensch und Natur als Kampf ums Überleben zeigt. Wölfe sind es, die in der abgestürzten Mannschaft Eindringlinge in ihr Revier sehen und diese mit gezielten Attacken dezimieren. Aus der Dunkelheit leuchten Wolfsaugen, die Laute der Tiere bekommen im effektvollen Sounddesign etwas Übernatürliches.

Der Versuchung, einen Horrorfilm zu drehen, ist Carnahan dann doch nicht entkommen. Gegen jede Wahrscheinlichkeit springen die Männer auch noch über eine Schlucht, hinein in die Bäume, ein irrer Flug. Erst gegen Ende kommt der Film zur Ruhe, ein See wird zum beschaulichen Ort einsamen Sterbens, und Neeson blickt kurz darauf in den Himmel, bittet um Hilfe. Aber es ist nun mal das Schicksal der Alphamännchen da unten, letztlich alles alleine regeln zu müssen.

Kino: Cinema (OV), Mathäser R: Joe Carnahan
(USA, 117 Min.)

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