Allzu überraschende Wendung

Der Schauspieler Matthias Brandt überzeugt im neuen Polizeiruf des Bayerischen Rundfunks - die Geschichte weniger
Georg Thanscheidt |
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Außergewöhnlich und verstörend – ja, das ist er, der Polizeiruf 110, mit dem der BR gestern um 20.15 Uhr erstmals Matthias Brandt als Ermittler an die Arbeit schickte. Aber gut, Graf-haft-genial gar – das ist „Cassandras Warnung“ nicht. Und das liegt bestimmt nicht an Matthias Brandt als neuer Mordfahnder oder Anna Maria Sturm als seine junge Noch-Nicht-Assistentin. Laut zuständiger BR-Redakteurin sollte es „der Polizeiruf mit der überraschendsten Wendung, die ich je in einem Film erlebt habe“ sein. Eine Wendung, die so überraschend erschien, dass sie sich dem geübten Krimi-Zuschauer schon nach sieben Seh-Minuten als einzige plausible Auflösung aufdrängte.

Die Bilder entfalten danach schnell eine verstörende Kraft: scharfe Schnitte, ungewohnte Perspektiven, ein symmetrisch-fremdes München. Und wer noch einmal den analogen Polizeifunk in seiner vollen akustischen Pracht miterleben wollte, hätte bestimmt Spaß an der von Graf aufgezogenen Geräuschkulisse gehabt – die darf man aber nicht nur als verstörend, sondern auch einfach nur als störend empfinden. Vor dieser Kulisse: Matthias Brandt mit seinem ganzen schauspielerischen Können. Das aber leider in eine Figur gepresst wird, die viel von Elizabeth Georges Inspektor Lynley hat und ein wenig was – aber leider doch zu viel – vom „Bescheidener-Adel-ist-etwas-Besseres-Habitus“ à la Guttenberg.

Dazu noch einige gestelzte Dialoge zum Thema „So ist München“, ein folkloristischer Spruch à la Rosenmüller („Vögelt der die jetzad?“), ein bisschen Guy-Ritchie-Schnitttechnik und eine Portion Nachtsichtgerät-Ästhetik à la „Schweigen der Lämmer“ – und schon, so hofft vielleicht der Buch-Autor, sind die Schwächen der Vorlage unsichtbar. Sind sie aber eben nicht – und so bleibt von diesem Tarnkappen-Polizeiruf nur die Erinnerung an einen verstörenden Bilderbogen und eine schauspielerische Meisterleistung. Schade.

 

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