Alles, bloß kein Trash
Schützen Sie Ihre Wände vor schlechter Kunst! Von heute bis Sonntag zeigen über 65 Münchner Galeristen auf der Open Art, dass man einen intensiven Blick auf junge Kunst werfen sollte
Da röhrt doch gleich der Hirsch im Wald! Und womöglich grunzt das Wildschwein. Denn der Aufruf, mit dem die zünftigen Waldbewohner auf Postkarten zur Open Art laden, ist durchaus doppeldeutig: „Protect Your Walls!“, heißt es da. Mit einer guten Portion Selbstironie scheinen Münchens Galeristen in diesem Jahr unterwegs zu sein. Können sie auch. Geweihe und Hauer wird man eh kaum finden in den gut gestylten Verkaufsräumen, die junge und gerne auch potente Kunstklientel anziehen sollen.
Der Waidmannskitsch, der früher über biederen Sofas hing, ist rehäugigen Girls oder possierlichen Kätzchen gewichen, die auf den internationalen Kunstmessen zuförderst amerikanisches Publikum ansaugen. Davon bleibt die Open Art – wohltuend – verschont. Überhaupt ist die Mixtur, die sich im 22. Jahr dieser offenen Münchner Galerien drei Tage lang ausbreitet, weitgehend Chichi-frei. Man konzentriert sich aufs Wesentliche. Und freut sich trotzdem über ein bisschen Glamour, den Barbara Beckers Gatte Arne Quinze (siehe auch Seite 40) ins Museumsquartier streut.
Mikado, Rotlicht - und am Ende ein Hirsch
Expressionismus-Spezialist Raimund Thomas hat den belgischen Konzeptkünstler mit den typischen Mikado-Holzskulpturen in seine neue juvenile Zweit-Galerie geholt. In den Räumen der ehemaligen Raiffeisen-Zentralbank an der Türkenstraße 16 wird die Open Art heute auch von Oberbürgermeister Christian Ude um 16 Uhr eröffnet.
Gleich ums Eck, an der Amalienstraße 41, bereitet Rüdiger Schöttle dem längst etablierten Thomas Zipp ein Terrain für dessen inhaltsgeladene Installationen. Schon vor drei Jahren verwandelte der Künstler die Galerie in einen Zeremonienraum der aufregenden Art. Auf Klassiker wie den SPUR-Maler Heimrad Prem verlässt man sich nicht nur in der Galerie Van de Loo Projekte an der Gabelsbergerstraße. Auch Karl Pfefferle an der Reichenbachstraße setzt mit dem im Februar verstorbenen Bruno Gironcoli auf Bekanntes, das allerdings immer noch durch eine irritierende Formensprache anzieht.
Ziemlich amüsant wird’s bei Daniel Blau am Odeonsplatz. Dort führt „schocking“ Robert Rubbish zwischendurch in eine phallusangereicherte Rotlicht-Street. Und wer den Hirsch am Ende doch vermisst, findet ihn an der Reichenbachstraße bei Jörg Heitsch unter den delikaten Sepia-Zeichnungen von Slava Seidel. Nur röhrt der Bursche leider nicht.
Christa Sigg
Open Art, Freitag 18-21, Samstag und Sonntag 11-18 Uhr, Infostand in der Hypokunsthalle Fr-So 10-18 Uhr, Open Art Party Fr ab 22 Uhr im Palais Privat Club, Arnulfstr. 16, www.openart.biz
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