Alle Zigaretten einfach weggeraucht
Ein verschlafenes Provinzkaff, eine verschlafene Kneipe, ein verschlafener Wirt. Der hat Grund zur Müdigkeit: Hat er doch die letzten drei Nächte mit dem einzigen Logier-Gast seit Langem bis vier Uhr früh Billard gespielt. Natürlich immer verloren, aber die aufregenden Geschichten des Fremden gehört. „Drei Nächte mit Madox” haben fünf Dorfbewohner erlebt, nur jeder ganz anders. Am Ende lässt der Autor Matéi Visniec seine Figuren vor einem Rätsel zurück.
Der in Frankreich lebende Rumäne Matéi Visniec (55) steht in der Tradition des absurden Theaters, löst boulevardesk, surreal und fantastisch die Grenzen der Genres genauso auf wie die Welt seiner Figuren. Denn alle fünf, die in der bescheidenen Kneipe (Ausstattung: Michele Lorenzini) von ihren drei Nächten mit Madox erzählen, sind von deren Realität überzeugt, müssen aber an ihrem Verstand zweifeln. Wirt Bruno (Klaus-Peter Bülz) fuchtelt mit seinem Billardqueue, der Leuchtturmwärter (Lorenz Gutmann) hat mit Madox gewürfelt. Der Taxler (Wilhelm Beck) hat ihn herumgefahren und 17 und 4 gespielt, der Hafenarbeiter (Ravi Rege) mit ihm gepokert. Und die Dorf-Puffmutter Clara (schön schräg: Katja Rupé) rauscht gar mit Hut, Koffer und Vogelkäfig an zur Abreise in ein neues Leben mit Madox. Nur hat der sich verflüchtigt.
Philipp Jescheck hat im Teamtheater Tankstelle die deutschsprachige Erstaufführung als liebenswert-skurriles Typenkabinett auf Illusionskurs inszeniert. Madox, das Phantom, hat die tumben Toren abgezockt, ihnen ihre Zigaretten weggeraucht und allen dieselben Geschichten erzählt. Aber er hat sie glücklich gemacht, Hoffnungen geweckt, Gewohnheiten aufgebrochen. Und damit ein neues Spiel erfunden: niemand gewinnt, niemand verliert. Illusion oder Realität – egal.
Teamtheater Tankstelle, Am Einlass 2a, bis 16. April, Mi – Sa, 20 Uhr, Tel. 260 43 33