Alarmstufe Brot

Bei Gerhard Müller-Rischart treffen sich Back- und Bildende Kunst. Jetz will er den Betrieb dem Sohn übergeben und sich mehr der RischArt widmen
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Bei Gerhard Müller-Rischart treffen sich Back- und Bildende Kunst. Jetz will er den Betrieb dem Sohn übergeben und sich mehr der RischArt widmen

Nein, das ist kein Beuys“, erklärt Gerhard Müller-Rischart mit beiläufiger Ironie, während er in der neuen Kantine seiner Backstube in der Buttermelcherstraße eine ramponierte Krankenbahre verrückt - damit der Besucher einen besseren Blick auf das Gemälde daneben hat. Müller-Rischart, Großbäcker und Konditormeister mit elf Filialen in München, sammelt Kunst, lebt mit ihr und kann sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. 1973 übernahm er die Firma vom Vater, 1983 begann sein Engagement für die Bildende Kunst, seitdem beleben die RischArt-Projekte alle zwei bis drei Jahre die Stadt. Ende 2008, im Jahr des 125. Firmenjubiläums, bekam er dafür die Medaille „München leuchtet“ in Gold verliehen.

„Alarmstufe Brot“ steht auf einem Bild über der Tür von Müller-Rischarts Büro direkt neben der Großbackstube. An allen Wänden findet man Gemälde und Installationen, darunter viele von Münchner Künstlern wie Stephan Huber, Stefan Eberstadt oder Jess Walter. „Als wir 1982 in das neue Gebäude einzogen, waren da all diese großen weißen Wände, die schrien geradezu nach Farbe und Kunst“, erklärt Müller-Rischart. Eindrucksvoller als die Nähe von Back- und Bildender Kunst ist hier nur noch die firmeneigene Erfindung einer butterschleudernden Brezn-Schmiermaschine.

Zuhause mag er es eher abstrakt

Müller-Rischarts musische Ader wurde gestärkt durch die Nähe der neuen Backstube zu den Galerien, die damals noch im Gärtnerplatz-Viertel beheimatet waren – „vor allem Dany Keller in der Buttermelcherstraße schräg gegenüber“, so Müller-Rischart. Und sein Sohn Magnus (30) kann sich noch gut erinnern an eine Einladungskarte in Gelb und Schwarz von Rupprecht Geiger, die er als Kind dort samstags beim Galeriebesuch in die Hände bekam. So übernahm er vom Vater nicht nur die Liebe zum Bäckerhandwerk, sondern nebenbei auch die Faszination des Wahren, Schönen und Guten. Ein Bild von Geiger hängt auch bei Müller-Rischarts zuhause, außerdem etwa ein Gemälde von Gerhard Richter, eine Licht-Installation von Dan Flavin – beide heute nahezu unbezahlbar. Während in der Backstuben-Kunst doch die Motive Brot und Kuchen dominieren, mag er es zuhause eher abstakt: Gerhard Müller-Rischart sammelte, was ihm gefiel – und hatte dabei oft ein gutes Gespür für Qualität. Seinen Sinn fürs Geschäft trübte die Liebe zur Kunst aber nie: Als Chef eines geerbten Familienunternehmens kalkulierte er stets unsentimental und realistisch und vergrößerte den Betrieb im Lauf der Zeit von 120 auf 400 Mitarbeiter.

Dabei sei er, als er mit der Förderung von Projekten im öffentlichen Raum begann, geradezu mitgerissen worden „von dem guten Lebensgefühl“, das durch die Kunst entstand und in dem sich auch „die Zeit widerspiegelte. Damals war das etwas völlig Neues“, so Müller-Rischart, der heute die Idee der Kunst im öffentlichen Raum allerdings als nicht mehr ganz so faszinierend empfindet. Dennoch ist es für ihn noch immer eindrucksvoll, wenn man über ein sperriges Werk quasi auf der Straße stolpert.

Übergabe an den Sohn

Und so wird es auch weitergehen mit RischArt, die nächste Staffel steht 2010 an. Der Senior, der erst kürzlich 65 geworden ist, will sich weiterhin persönlich darum kümmern – und dafür wird er ab März auch mehr Zeit haben. Dann wird er die Rischart-Kommanditgesellschaft zu drei Vierteln (statt wie bisher zu einem Viertel) an den Sohn übergeben. Der lässt sich auch durch die langen Arbeitszeiten und die Wirtschaftskrise nicht abschrecken. Sogar über die erneute Vergrößerung der Backstube wird nachgedacht. Und wer weiß, vielleicht gibt es dann in der Buttermelcherstraße noch mehr Raum für Kunst.

Roberta De Righi

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