Ace Ige 4: Mammut-Pubertät

Ab Montag startet weltweit „Ice Age 4”. Auseinanderdriftende Kontinentalplatten zerreißen Familienbande. Aber gegen bürgerlichen Ehedrang kommen auch Naturgewalten nicht an
von  A. Prechtel

Wenn nicht gerade der geologische Weltuntergang alles durcheinanderwirbelte, würde die Familie um das Mammut Mannie endgültig verspießen. Er ist vom lässigen Abenteuer-Junggesellen zum besorgten Kontroll-Freak-Papa geworden, der – psychologisch wie aus dem Freud-Lehrbuch – seine Teenie-Tochter Peaches nicht loslassen will.

Würden Animationsfilme nicht gerade vom Witz karikaturistischer Übertreibung leben, wäre die Darstellung der Peaches, die natürlich dem hippsten Jungen-Mammut imponieren will, reine Dämlichkeit: sich schön machen, Kindlichkeiten als uncool ablegen und sich von den anderen der Pubertäts-Clique als „peinlichen” angesehenen Freunden trennen.

Dieser Ausflug in Pubertäts-Nöte versucht die Zuschauerlücke, die sich in der Familienfilm-Serie „Ice Age” (Kinder und Erwachsene, aber weniger Teenies), zu schließen, ist aber dabei zu klischeehaft.
Dass am Ende auch der einzelgängerische Säbelzahntiger-Abenteurer Diego mit einer Säbelzahntiger-Piratin den Hafen der Ehe anzusteuern scheint, bringt noch den letzten naturhaft-wilden Störfaktor unter bürgerliche Kontrolle.

Und da, wo eine Familie wirklich dysfunktional ist (wie beim verlassenen, sympathisch trottelig-naiven Faultier Sid), ersetzt die Freundesfamilie die genetische. Und das Überalterungs-Alterspflege-Problem ist mit Sids resoluter Faultier-Oma auch noch generationenübergreifend in den Film eingeführt.

In diesem Spießer-Inferno bleibt nur eine Gegenwelt: Piraten. Das ist im aktuellen Erfolgsrausch der „Fluch der Karibik”-Saga und dem „Piraten”-Animationsfilm des Frühjahrs kein origineller Einfall – und dass der Orang-Utan-Captain nur eine fiesere Wiederkehr des King Louis (tanzend, singend) aus dem Zeichentrick-„Dschungelbuch” ist, auch nicht.

Wo bleibt zwischen Familienbiederkeit und Piraten-Hölle das Paradies? Ausgerechnet unsere Lieblingsfigur findet es: Scrat, diese Ur-Eichhörnchen-Nageratte. Am Anfang löst sie mit ihrer ewigen Habgier noch die erdgeschichtlich frühe Kontinental-Platten-Verschiebung aus – mit der Folge von Flucht und Vertreibung der Ice-Age-Freunde aus ihrem Stammgebiet. Hier scheint ein wenig die aktuelle globale Migrations-Problematik auf, mit der Utopie der Integration aller im Neuland.

Scrat jedenfalls gelangt auf seiner isolierten Eichelnuss-Jagd am Ende in ein antikes Atlantis, mit einer Chance auf Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, eine elysische Ode an die Freude. Aber er versenkt es natürlich – aus kapitalistischer Besitzgier.

Ab Montag: Cadillac, Gloria, Rio, Leopold, Mathäser, Royal sowie Museum Lichtspiele, Cinema (OV)

R: Steve Martino, Mike Thurmeier (USA, 94 Min.)

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.