5er BMW: Die Macht der Gewohnheit schlägt zurück
BMW fährt mit dem neuen 5er heim in Papas Garage und beendet die Design-Experimente
Welch ein Aufatmen, was für eine Erleichterung. Endlich, endlich ist der automobile Stolz der Bayern kein Experimentierfeld mehr für Blech gewordene Monsterkanten und hochgestellte Heckpartien. So jubeln die meisten BMW-Freunde über das Erscheinungsbild des neuen 5er, der vom 20. März an gekauft werden kann. Ein Jahr nach dem Abschied des umstrittenen Design-Chefs Chris Bangle wird sichtbar, dass sich BMW wieder vom langjährigen Versuch verabschiedet, das Auto als ästhetisch radikale Zukunftsmaschine zu definieren.
Bangles Welt war der 2001 vorgestellte 7er, ein Stück rollende Avantgarde, eine Provokation fürs Auge und ein Schlag gegen die Macht der Gewohnheit – auch dieses Modell wurde längst wieder optisch entschärft. Die jüngst vorgestellten Modelle 5er GT und X6 können als letzte Zuckungen der Experimentierwut gelten, denn mit dem neuen 5er fährt BMW sozusagen wieder heim in Papas Garage: Das Auto hat etwas Versöhnliches und ist sicher der mehrheitsfähigste BMW seit vielen Jahren. Es erinnert nicht von ungefähr ein wenig an die bis 2003 ausgelieferte 5er Baureihe E39, die traditionell orientierten BMW-Fans immer noch als die schönste aller 5er-Varianten gilt. Selbst die Armaturen im Innenraum des neuen 5er neigen sich wieder dem Fahrer zu – so wie das bei BMW früher gewesen ist und gefälligst auch für immer so sein soll.
Zwar hat man sich offenkundig bemüht, die neue Eleganz nicht allzu brav werden zu lassen:Etwa mit den aerodynamisch über die Motorhaube gezogenen (und schon beim Z4 als Testosteron-Verstärker eingesetzten) Zornesfalten im Aluminium, den weiter aufgeblähten Nüstern der BMW-Doppelniere vor dem Kühler oder dem coupéartigen Heck mit extrem schmaler C-Säule (die hintere Verbindung vom Dach zum Rumpf).
BMW hat wieder eine Auto in der oberen Mittelklasse, dessen Formensprache eher anregt als aufregt, das nicht mehr auf Abenteuer aus ist, sondern solide Verlässlichkeit bietet. Die „Welt“ interpretierte das als Auftritt eines „durchtrainierten Dressman“. So kann man das sehen, aber der Dressman trägt eher Burberry als Boss Black. Das sind die Zeiten: Bloß keine Diskussionen!
Michael Grill
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