20. Todestag von Hildegard Knef: Rote Rosen und dorniges Leben
München - Ob sie singen konnte? Es war eher ein Sprechgesang, den die Knef ab den 60er Jahren lieferte. Dabei hatte sie ab 1955 unter der Aufsicht von Cole Porter die Ninotschka gespielt und gesungen - in "Silk Stockings" als erste Deutsche am Broadway und über zwei Jahre hinweg. Eine Zeit, in der auch Knefs Freundschaft mit Marilyn Monroe und Marlene Dietrich entstand.
Hildegard Knef: Riesen Erfolg mit Roten Rosen
In ewiger Erinnerung wird aber ein Song bleiben, dessen Text - wie bei vielen anderen ihrer Songs - Hildegard Knef 1968 selbst verfasst hat: "Für mich soll's rote Rosen regnen." Das Lied habe sie mal in einem Moment absoluten Größenwahns geschrieben, erzählte die Knef in einem Interview in den 90er-Jahren: "Das ist ja ein wirklich hochaggressives Lied, nicht?" Damals habe sie mit dem Komponisten besprochen, dass es - wenn man dazu Wiener Schmalz raushole und einen Dreivierteltakt - vielleicht doch ganz lustig sein könnte. "Und dann wurde es ein gigantischer Erfolg, mit dem ich nie gerechnet hab'."

Im Lied spricht eine Frau selbstbewusst aus, wie ihr Leben aussehen soll: "Mit 16 sagte ich still: Ich will. Will alles - oder nichts." Und wirklich oszillierte das Leben der Knef zwischen diesen Extremen.
Deutschland Stunde Null: Ein Zug fährt durch die Ruinen von Berlin. Eine junge, schmale, blonde Frau steigt aus - ernst, still, aber nicht verhärmt. Es ist Hildegard Knef, 20 Jahre alt, als KZ-Überlebende Susanne Wallner im ersten Nachkriegsfilm: "Die Mörder sind unter uns" von Wolfgang Staudte.
Blonde Schönheit mit Kanten und Ecken
Aber die Deutschen wollen diesen Film nicht sehen. Trotzdem hätte Hildegard Knef die Chance gehabt, die deutsche Nachkriegsfrau zu verkörpern: Sie war hübsch, etwas kantig, nicht unbedingt schön. Sie hatte auch nichts Mondänes, aber eben etwas Lebensbejahendes und entsprach mit ihren blonden Haaren dem noch gültigen Schönheitsideal. Aber der Knef fehlte etwas Entscheidendes: Sie wollte sich nicht anpassen oder so tun, als ob zwischen 1933 und 1945 nichts gewesen wäre. Dabei war Hildegard Knef selbst als 18-Jährige die Geliebte vom Reichsfilmdramaturgen Ewald von Demandowsky gewesen, der direkt Goebbels unterstellt war.
"Sie war ein Kriegskind. Ein Überlebenskind, geprägt vom Luftschutzkeller. Und hat genau den Berliner Schnodderton drauf, der russische Panzer und amerikanische ,Rosinenbomber' kennengelernt hat. Und sie hatte ein scharfes Gehör für falsche Töne entwickelt", urteilte Ponkie 2002 in der AZ rückblickend.
Hildegard Knef: Skandale und Tabuthemen in den 1950ern
Bei der Knef folgte 1950 gleich ein mehrfacher Tabubruch: "Die Sünderin". Der Skandal war nicht das Vier-Sekunden-Bild, in dem die Knef nackt Modell sitzt. Der Skandal war vielmehr die unerschrockene, fast nüchterne Diskussion und Darstellung von Prostitution als etwas fast Reinem sowie das Tabuthema Euthanasie und Freitod.

Nach Skandalfilm: Flucht ins ferne Hollywood
Der Film führte zu Tumulten bei Vorführungen und Demonstrationen vor den Kinos. Hildegard Knef wich dem Gegenwind im Nachkriegsdeutschland nach Hollywood aus. Erst ein Zerwürfnis mit der 20th Century Fox brachte sie 1957 wieder zurück. Die Knef wurde mit "Madeleine und der Legionär" - wieder von Wolfgang Staudte - zum Star der neu gegründeten UFA. Obwohl nur wenige die Knef hart und ungeschminkt als Abenteurerin zwischen Fremdenlegionären im Kino sehen wollten.
Aber Hildegard Knef beißt sich durch - und beginnt ihre Chansonkarriere. Sie hat jetzt bereits um ihre metallischen Augen die schweren ausschwingenden Wimpern, über die der Satiriker Max Goldt schreibt, sie sähen aus, als ob sich Blattläuse auf ihnen niedergelassen hätten.
Hildegard Knef: Erfolgreiche Autorin und Kettenraucherin
Und dann gibt es auch noch die Knef als erfolgreiche Autorin: "Die selbstbewusste Intelligenz der Knef verblüffte 1970 auch noch mit einem literarischen Geniestreich: Ihre Autobiographie ,Der geschenkte Gaul' übertraf an sprachlicher Eigenwilligkeit und Präzision weit die üblichen Erzählklischees von Selbstdarstellern", schrieb Ponkie dazu.

Als Hildegard Knef am 1. Februar 2002 mit 75 Jahren stirbt, sind Deutschland und sie längst ausgesöhnt. "Ich bitte um Milde, Eure Hilde", hatte diese Kettenraucherin, mit der man Pferde stehlen konnte, gesagt. Und sie war zugleich die letztlich doch verehrte Diva, deren Abstürze, Pleiten, lebensbedrohliche Krankheiten und das - 1980 noch ein Sandal: Lifting-Drama man mit offenem Mund verfolgte.
So ist die Knef eine der wenigen deutschen Stars mit internationaler Geltung gewesen. Rote Rosen hat es für sie dabei nicht immer geregnet.
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