Timo Soini: Dick, bebrillt - und Sieger
Helsinki - Er ist anders als alle anderen: Timo Soini (48) ist der Gegenentwurf zum Polit-Establishment, nicht nur in seiner finnischen Heimat. In seiner Paraderolle als Verkörperung des kleinen Mannes und mit seinen Anti-EU-Parolen ist der Rechtspopulist mit einer Verfünffachung seines Stimmenanteils der große Sieger der finnischen Wahl. Gegen ihn geht wohl nichts mehr – und das heißt auch, dass der Euro-Rettungsschirm wieder auf der Kippe steht.
Seine wichtigsten Konkurrenten sind zwischen 35 und 42, schlank, sportlich, gut aussehend, akademisch, gemäßigt im Ton und skandinavisch-liberal in ihren Forderungen. Soini ist bebrillt, zehn Jahre älter und unleugbar dick: Er hat nicht nur ein paar Kilos zu viel, sondern trägt eine Wampe vor sich her, die ihresgleichen sucht. Er schwitzt oft und stark, und man sieht es ihm an. Bei offiziellen Anlässen trägt er gerne einen fusseligen Fan-Schal des englischen Klubs FC Millwall, der für seine Hooligans bekannt ist. Das alles macht die Anziehungskraft bei seiner Klientel aus: ganz überwiegend Männer, viele mit niedrigem Bildungsabschluss. Fußball, Bier, kein Rumgequatsche. Seine Partei heißt „Wahre Finnen”, ihr Programm: „Finnland wie früher”. Also: kein Euro, keine EU, keine Ausländer, vor allem keine aus südlichen Ländern, keine Schwulen-Ehe. Katholik ist er auch, seit 1968 wohnt er im selben Wohnblock.
Bei den Wahlen schaffte Soini nun 19,0 Prozent. Damit überholte er die bisherige Regierungschefin Mari Kiviniemi (bürgerliche Mitte, nur noch 15,8 Prozent) und landete in Sichtweite hinter den Sozialdemokraten mit 19,1 und den Konservativen mit 20,4 Prozent. Wie es weitergeht? „Na, dann werd’ ich mal mit Jyrki in die Sauna gehen und die Sache mit der Regierung durchpalavern”, erklärte Soini gestern trocken. Mit Jyrki meinte er Jyrki Katainen, Parteichef der Konservativen.
Das wichtigste Ziel des Rechtspopulisten: den Euro-Rettungsschirm stoppen, wenn möglich den Euro loswerden und gerne auch die ganze EU. „Wir zahlen nicht mehr für die Verschwender. Wir waren zu weich.” Wahlweise sollte man Südeuropa einfach pleitegehen lassen, für Irland zeigt er etwas mehr Sympathien. In der Tat muss Finnland noch den Euro-Rettungsschirm ratifizieren, sonst kann er nicht in Kraft treten, bestätigen EZB-Juristen. Die Frage ist aber, wie stark sich Soini gegen den Euro-freundlichen Katainen durchsetzen kann. Die Märkte jedenfalls reagieren: Der Euro fiel kurzzeitig unter 1,43 Dollar. Die schwedische Zeitung „Aftonbladet”: „Es kommt nicht oft vor, dass die finnische Politik die globalen Finanzmärkte treibt. Ein ausländerfeindlicher Populist wird zum zentralen Akteur in Europa.” Andere EU-Regierungen, auch die deutsche, reagierten besorgt und mahnten Helsinki zum Einhalten der Verträge.
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