Psychologin bremst Radl-Rambo aus

Zivilcourage oder Straftat? Eine Diplompsychologin bringt eine flüchtige Radlerin zu Fall. Jetzt muss sie selbst strafrechtliche Konsequenzen fürchten.
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Gewalt im Straßenverkehr (Symbolbild)
dpa Gewalt im Straßenverkehr (Symbolbild)

 Zivilcourage oder Straftat? Eine Diplompsychologin bringt eine flüchtige Radlerin zu Fall. Jetzt muss sie selbst strafrechtliche Konsequenzen fürchten.

München - Hat wirklich mal jemand behauptet, Psychologen würden alle Angelegenheiten allein durch Reden lösen? Ein Irrtum. Eine 42-jährige Diplom-Psychologin hat in der Mittwochnacht einen weiblichen Radl-Rambo in der Brienner Straße ausgebremst – und zwar mit rein körperlichem Einsatz.

Die junge Frau hatte betrunken einen Kleinwagen gestreift und wollte verschwinden. Das wäre der 23-Jährigen auch geglückt, wenn die Psychologin nicht ganz energisch dazwischen gegangen wäre. Kurz nach 23 Uhr schlängelte sich eine junge Münchnerin angetrunken mit knapp ein Promille durch den Verkehr. Statt auf dem Radlweg strampelte sie auf der Straße.

Ein Student (27) in seinem Peugeot musste an der Kreuzung Maximilansplatz und Brienner Straße wegen einer roten Ampel stoppen. Die Radlerin schoss vorbei und schrammte mit dem Pedal am Kotflügel entlang. Statt sich um den Schaden zu kümmern, wollte die Frau abhauen. Der Student sprang aus dem Wagen, rannte ihr nach und schrie: „Halt, stehen bleiben!“

Dadurch wurde am Amiraplatz die Diplom-Psychologin auf die flüchtige Radlerin aufmerksam. Weil in der Situation für eine einfühlsame Gesprächstherapie keine Zeit mehr bleib, griff die 42-Jährige zu einer ebenso schnellen wie simplen Methode, um die Jüngere auszubremsen: Sie stellte ihr Radl quer – und schnitt dem Radl-Rambo den Fluchtweg ab.

Die 23-Jährige sah das Hindernis zu spät, donnerte ins Rad. Beim Sturz erlitt sie Prellungen an Knie und Ellbogen. Die Polizei muss, wie in so einem Fall üblich, prüfen, ob die Psychologin sich selbst strafbar gemacht und eine nicht gerechtfertigte Körperverletzung begangen hat.

 

 


Jedermann ist befugt, einen Verdächtigen einer Straftat oder einen Flüchtigen festzuhalten. Das ist im Paragraph 127 der Strafprozessordnung (StPO), dem so genannten „Jedermann-Paragraph“ klar geregelt.

Aber Vorsicht, wer überreagiert, riskiert selbst Ärger mit der Justiz. „Die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Wahl der Mittel angemessen und gerechtfertigt war“, erklärt Polizeisprecher Reinhold Bergmann.

Unfallflucht: Prinzipiell darf man einen Unfallverursacher aufhalten. „Den Weg zu versperren, ist korrekt“, betont Reinhold Bergmann. Die Psychologin, die die flüchtige Radlerin aufgehalten hat, wird deshalb kaum eine Strafe befürchten müssen. Einen Flüchtigen mit brachialer Gewalt zu Fall zu bringen, könnte dagegen Ärger bedeuten. Wer beispielsweise einem vorbeifegenden Radlrambo mal kurz mit dem Stock in die Speichen fährt, riskiert, dass der andere bei einem Sturz schwer verletzt wird.

Bei Autos sollte man sich Farbe und Typ merken, am besten das Kennzeichen des Flüchtigen notieren.

Vandalismus: Wenn man Zeuge wird, wie jemand beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln randaliert, darf man jederzeit eingreifen. Verkehrsbetriebe setzen für Hinweise Belohnungen aus. Der Schaden, den Rowdys jährlich verursachen, geht in die Hunderttausende. Sinnvoll ist, mit dem Handy unauffällig mitzufilmen. Über Notruftaste kann man den Fahrer von U-, S-Bahn oder Tram direkt alarmieren. Den Rest erledigen Bundespolizei oder Sicherheitskräfte.

Diebstahl: Wer einen Langfinger erwischt, darf natürlich eingreifen und muss nicht erst einen Kaufhausdetektiv suchen. Lässt sich die Identität des Verdächtigen nicht klären, ist jedermann laut §127 StPO befugt, den Verdächtigen „auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen.“

Belästigung: Wer beobachtet, wie jemand bedrängt oder belästigt wird, sollte unbedingt handeln. Allerdings muss man sich vorher genau überlegen, wie man vorgeht. „Holen Sie sich Unterstützung. Verbündete, die einem notfalls helfen können“, rät Reinhold Bergmann. Dies gilt vor allem, wenn man körperlich unterlegen oder sich mehreren Gegnern gegenüber sieht.

Gewalt: Der erste Griff sollte in so einem Fall zum Handy gehen. „Wählen Sie die 110“, betont Reinhold Bergmann. Keinesfalls sollte man selbst den Helden spielen, vor allem dann nicht, wenn Waffen im Spiel sind. Wer auf eigene Faust versucht, einen Räuber zu stellen oder einen Schläger zu überwältigen, riskiert Leib und Leben. Prinzipiell gilt: Je schwerwiegender das Delikt, um so energischer darf ein Zeuge eingreifen, um zu helfen.

 

 

 

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