Zusammenhang mit Reichsbürger: Nürnberger Polizist - Selbstmord aus Panik?

Der Selbstmord eines SEK-Beamten hat doch mit dem Fall des Reichsbürgers von Georgensgmünd zu tun. Was sein Freund aussagt.
Helmut Reister |
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Hier hat der Einsatz stattgefunden: im Haus von "Reichsbürger" Wolfgang P. in Georgensgmünd.
dpa Hier hat der Einsatz stattgefunden: im Haus von "Reichsbürger" Wolfgang P. in Georgensgmünd.

Der Selbstmord eines SEK-Beamten in Nürnberg hat doch mit dem Fall des Reichsbürgers von Georgensgmünd zu tun. Was sein Freund aussagt.

Nürnberg - Kaum fängt das neue Jahr an, nimmt er sich das Leben: Am 23. Januar 2017 erschießt sich ein Beamter wenige hundert Meter von seiner Dienststelle in der Nürnberger Wallensteinstraße entfernt. Auf einem kleinen Parkplatz in seinem Wagen setzt der 45-Jährige seinem Leben ein Ende.

Er war Teil des SEK Nordbayern. Seit seinem Tod brodeln die Gerüchte, der Grund für seinen Suizid hänge mit dem Polizeieinsatz gegen Reichsbürger Wolfgang P. im Oktober 2016 zusammen. Diese Gerüchte bewahrheiten sich nun.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anita Traud, will mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte des Toten keine detaillierten Angaben zu den Hintergründen des Selbstmords machen. Sie erklärte aber, dass die "Soko Reichsbürger" dazu umfangreich ermittelt habe.

Laut Traud sei bei der Untersuchung des Selbstmords und seiner möglichen Hintergründe kein eindeutiges Motiv für den Suizid erkennbar geworden. Doch sie räumte ein, dass der "Reichsbürger"-Komplex Georgensgmünd eine zentrale Rolle dabei spiele.

Nähere Aufschlüsse über einen immer mehr in Panik verfallenden SEK-Beamten, der nur noch seinen Tod als Ausweg sah, sind in den Prozessakten des Nürnberger Schwurgerichts zu finden. Zwar spielt der Selbstmord des SEK-Beamten im laufenden Prozess gegen Wolfgang P. nur eine Nebenrolle, doch sein Name taucht mehrmals auf.

Wie der Einsatz in Georgensgmünd ablief, bei dem ein Kollege erschossen und drei weitere verletzt wurden, haben schon mehrere der 32 beteiligten SEK-Beamten als Zeugen im Prozess geschildert.

Der 45-Jährige leitet den Einsatz, bei dem ein Kollege getötet wird

Zwei können nicht mehr aussagen: Derjenige, der im Kugelhagel starb – und derjenige, der eine der achtköpfigen Gruppe anführte und die Aufgabe hatte, mit seiner Mannschaft über die Terrassentür in das Haus des Reichsbürgers einzudringen.

Das war der SEK-Beamte, der sich umgebracht hat. Bisher war dessen Beteiligung an dem aus dem Ruder gelaufenen Einsatz von der Staatsanwaltschaft nicht bestätigt worden.

Aufschlüsse über die belastenden Folgen für den Gruppenführer nach dem Zugriff und nach dem Tod seines Kollegen, liefert sein bester Freund, der auch Polizist ist. Seine Vernehmung fand drei Tage nach dem Selbstmord am 23. Januar statt.

Darin schildert er ein merkwürdiges Verhalten seines Freundes: Zwei Wochen vor seinem Suizid habe er ihn ganz aufgeregt angerufen und gebeten, sofort bei ihm vorbeizukommen. Er hat ihn aufgelöst und in Panik getroffen, die Gründe für die Angst aber nicht in dieser Form verstehen können, sagte er aus.

Der Gruppenführer hatte Angst, seine Kontakte zu einem Kollegen werden ihm zum Verhängnis. Dieser Beamte hatte den Einsatz in Georgensgmünd zu einem GAU für das SEK werden lassen. Bei der Auswertung von Daten waren die Ermittler darauf gestoßen, dass er private Kontakte zu Wolfgang P. unterhielt. Er wurde sofort vom Dienst suspendiert.

War Angst, den Job zu verlieren der Auslöser für den Suizid?

Der spätere Selbstmörder befürchtete wohl, über seinen Kontakt zu dem ins Visier geratenen SEK-Kollegen selbst in den "Reichsbürger"-Komplex hineingezogen zu werden, möglicherweise seinen Job zu verlieren oder als Verräter dazustehen.

In den letzten zwei Wochen seines Lebens entwickelte der SEK-Mann geradezu paranoide Vorstellungen, schildert sein Freund. Er hat ihn nicht einmal mehr über sein eigenes Handy kontaktiert.

Die letzte Eskalationsstufe trat drei Tage vorher ein. Da teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass gegen den suspendierten SEK-Beamten Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben worden sei. Ob die Panik des Polizisten realistische Gründe hatte oder nur in seiner Einbildung existierten, konnte nicht ermittelt werden. Auf direkte Kontakte zur "Reichsbürger"-Szene stießen die Ermittler in seinem Fall nicht. Trotzdem setzte er hinter das Steuer seines Autos und griff zur Waffe. Fremdeinwirkung konnte ausgeschlossen werden.


Lesen Sie hier: Reichsbürger - Was sie glauben, weshalb sie gefährlich sind

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