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Zoff um die Zwieselalm geht weiter: Das sagt Ministerin Kaniber

Der Besitzer will zur kommenden Sommer-Saison schließen. Er fühlt sich von staatlicher Seite im Stich gelassen. Im Ministerium von Michaela Kaniber (CSU) sieht man das anders. Wie es mit dem Traditionshaus über Bad Reichenhall weitergeht.
Natalie Kettinger
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Die Zwieselalm im Sonnenschein. Aktuell liegen dunkle Wolken über der Hütte im Berchtesgadener Land.
Die Zwieselalm im Sonnenschein. Aktuell liegen dunkle Wolken über der Hütte im Berchtesgadener Land. © Andreas Potschacher

Seit 1920 gehört die Zwieselalm hoch über Bad Reichenhall der Familie von Andreas Potschacher: erst einem entfernten Verwandten, 1965 übernahm Potschachers Vater Grazi, 2018 er selbst. Doch kommenden Sommer soll Schluss sein. Der Betrieb rechnet sich einfach nicht mehr.

Dafür macht der 56-Jährige auch die immer neuen Auflagen der Behörden verantwortlich. Und mangelnde Kooperationsbereitschaft vonseiten des Freistaats. „Die Stadt unterstützt mich, aber sonst kommt strenger Gegenwind“, sagt Potschacher der AZ.

Der Hintergrund: Seit 2024 muss das gesamte Abwasser der Hütte per Helikopter ins Tal geflogen werden. 6000 Euro kostete der Abtransport des Schmutzwassers im vergangenen Jahr, viermal musste geflogen werden.

Potschacher wollte einen bestehenden Weg für sein Quad erweitern, um nicht alles zu Fuß auf die 1386 Meter hoch gelegene Alm tragen oder mit dem Helikopter fliegen zu müssen, doch das bleibt ihm untersagt. Auch ein Treffen mit der bayerischen Landwirtschafts- und Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) habe nichts gebracht, hatte er unlängst gesagt – und hinzugefügt: „Die würgen mich ab.“

So reagiert das Ministerium von Michaela Kaniber auf die Vorwürfe

Im Ministerium will man das so nicht auf sich sitzen lassen. „Staatsministerin Kaniber hat im Sommer zu einem Gespräch zur Zukunft des Berggasthofs Zwieselalm geladen“, bestätigt ein Sprecher der AZ. Neben Andreas Potschacher seien auch der Reichenhaller Oberbürgermeister Christoph Lung (CSU), der Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Forsten Traunstein Michael Kaiser sowie Vertreter der Forstverwaltung zugegen gewesen.

Andreas Potschacher mit Ehefrau Gabi (M.) und Tochter Christina.
Andreas Potschacher mit Ehefrau Gabi (M.) und Tochter Christina. © Andreas Potschacher

„In dem Gespräch wurde deutlich, dass mit Blick auf den Naturschutz und die Schutzzone nach dem Alpenplan die gewünschte Wegschneise und der Wegebau ganz abgesehen von den Kosten nicht machbar sind.“ Andreas Potschacher seien aber Alternativen aufgezeigt worden, „zum Beispiel mit einer denkbaren Materialseilbahn, die noch dazu kostengünstiger wäre“, so der Sprecher.

Eigentlich hätte es ein weiteres Treffen geben sollen

Seither hätten die Fachstellen weiter an einer Lösung gearbeitet. In naher Zukunft sei ein weiteres Treffen mit dem Hüttenwirt geplant gewesen, bei dem es auch um Aspekte wie Abwasserproblematik und Denkmalschutz gehen sollte.

Andreas Potschacher allerdings fühlt sich missverstanden. In der Besprechung sei es immer um einen Schwerlast-Weg, „ein Millionen-Projekt“ gegangen, erzählt er. Dabei müsse der vorhandene Weg nur an zwei oder drei Stellen etwas erweitert werden, wie er sagt. Das könne er selbst machen und auch die Kosten dafür stemmen – geschätzt etwa 100.000 Euro.

Hüttenwirt moniert die hohen Kosten: "Unwirtschaftlicher geht´s nicht"

Vom Vorschlag des Ministeriums hält er hingegen nichts. „Ich habe mir schon vor acht Jahren zwei Angebote für eine Materialseilbahn eingeholt. Die lagen bei etwa 180.000 Euro für gebrauchtes Material plus Montagekosten von rund 100.000 Euro.“ Das sei aber noch nicht alles: Die laufenden Ausgaben, etwa für Versicherungen, betrügen etwa 30.000 Euro im Jahr. „Unwirtschaftlicher geht’s nicht“, sagt Potschacher. Da helfe auch keine staatliche Förderung zu Beginn des Projektes.

Die Zwieselalm und das dazugehörige Kaiser-Wilhelm-Haus.
Die Zwieselalm und das dazugehörige Kaiser-Wilhelm-Haus. © Andreas Potschacher

Ein weiteres Treffen hat für den Alm-Besitzer daher kaum Sinn. „Ich müsste ein Gesamtkonzept erstellen, das mich 80.000 bis 100.000 Euro kostet. Dann wäre es eventuell doch möglich, den Weg zu errichten“, sagt er. Und wenn nicht? „Dann bin ich pleite.“

Im Juni 2026 ist für den Alm-Besitzer Schluss

Insofern bleibe es dabei: Über den Winter ist die Hütte noch geöffnet – bei schönem Wetter. Im Juni 2026, wenn das Sommergeschäft beginnen würde, ist Schluss.

Michaela Kaniber (CSU), Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus.
Michaela Kaniber (CSU), Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus. © Daniel Vogl/dpa

Bei Michaela Kaniber, die auch Tourismus-Ministerin im Freistaat ist, löst diese Entwicklung nicht gerade Freude aus. „Die Schönheit der Alpen für Wanderer und Touristen zugänglich zu machen, liegt uns ebenso am Herzen, wie sie zu erhalten. Es geht doch darum, wie wir Naturschutz, Schutz der Alpen und wirtschaftlichen Betrieb in Einklang bringen“, sagt die CSU-Politikerin der AZ. Seit Jahren sei man dazu immer wieder im Gespräch.

Kaniber über die Reaktion des Wirts: "Es ist schade"

„Beharren auf Maximalforderungen beim Wegebau und Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit helfen der Zwieselalm aber nicht weiter“, warnt Kaniber. „Es ist schade, dass der Wirt des Berggasthofs die aufgezeigten Alternativen nicht aufgreift.“

Viele öffentliche Stellen arbeiteten an einer Zukunft für den Berggasthof und eröffneten Chancen. „Die Politik kann immer nur Rückenwind geben und begleiten“, sagt Kaniber – „aber wollen muss man halt auch selber“.

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