Wunder-Laser zerstört Krebs
Das Nürnberger Klinikum hilft kranken Menschen, denen früher nicht mehr geholfen werden konnte
NÜRNBERG Bis vor kurzem war diese Diagnose ein Todesurteil: Tumoren in der Leber. Sechs Monate hatten die Patienten im Durchschnitt dann noch zu leben. Auch bei Krebsgeschwüren in der Lunge waren die Prognosen kaum besser. Mit einer neuen Technik, die jetzt weltweit erstmals in Nürnberg eingesetzt wurde, können Prof. Hubert Stein und sein Team den gefährlichen Krebs nun zerstören – mit einem Wunder-Lasers.
Die Szene hat etwas von Star Wars. Die Operateure und Schwestern stehen mit Schutzbrillen im abgedunkelten Operationssaal. Auf dem Tisch liegt ein etwa 50 Jahre alter Mann. Bei ihm wurden zwei Geschwüre in der Lunge gefunden. Die sollen nun so schonend wie möglich entnommen werden. „Das ist, als ob man in einen Schwamm schneidet“, sagt Oberarzt Dieter Kraus. Früher musste das Gewebe großräumig mit einem Spezialskalpell entfernt werden. Vergangenheit.
Kraus hat zwar kein Laserschwert in der Hand. Aber er schneidet – wie die Helden aus der Science Fiction-Saga – mit energiereichem Licht. Drei Millimeter ist der Lichtleiter aus flexiblem Kunststoff stark. An seiner Spitze tritt der infrarote Laserstrahl aus. Er ist unsichtbar. Mit ihm kann Kraus exakt entlang des Tumors schneiden.
Durch die Hitze wird der Blutfluss sofort gestillt
„Die Wellenlänge ist auf das Gewebe der Organe abgestimmt“, so Professor Stein. Das Licht schneidet nicht nur. Durch die Hitze wird der Blutfluss gestillt, weil die Wunde durch das körpereigene, quasi aufgeschmolzene Eiweiß versiegelt wird. „Damit können wir auch in der Lunge operieren. Denn der Schnitt ist sofort luftdicht“, sagt Stein.
120.000 Euro kostet der Hochleistungsdiodenlaser, dessen Technik aus der Weltraumforschung stammt. Eine Firma aus Bad Reichenhall hat das Gerät entwickelt. „Ich war der erste weltweit, der mit einem Laser dieser Art an der Leber operiert hat“, sagt Stein, der erst vor einem halben Jahr ins Nürnberger Klinikum wechselte. Zuvor war der gebürtige Amberger in München und Salzburg tätig.
55 Metastasen in einer Operation entfernt
Inzwischen hat das Nürnberger Team die Anwendung der Technik perfektioniert. Operateur Kraus hat vor kurzem 55(!) Metastasen aus einer Lunge entfernt – in einer einzigen Operation. „Der Patient wurde nach zehn Tagen entlassen und kann wieder ganz normal atmen.“
„Wir helfen Menschen, denen früher nicht mehr geholfen werden konnte“, begründet Klinik-Chef Alfred Estelmann die Investition. Die hilft ihm aber auch, Geld zu sparen. Denn früher fielen bei einer entsprechenden OP Kosten von 1500 Euro allein für Verbrauchsmaterial an. Bei der Laser-OP sind es 15 Euro. Das Klinikum ist Referenzzentrum für diese Art von Behandlungen und bildet Operateure aus ganz Europa aus
Die zwei kirschgroßen Tumore aus der Lunge des Patienten sind nach einigen Minuten entfernt. „Es scheint eine gutartige Geschwulst zu sein“, sagt Kraus und schaltet den Laser aus.
Michael Reiner
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